Buchtipp Erinnerungskultur: ein spannender Roman über das nationalsozialistische Konzentrationslagersystem
Bei Jeden Freitag vor dem Tor handelt es sich um einen autobiografischen Roman der Norwegerin Wanda Heger, die im Dritten Reich viele skandinavische Häftlinge vor dem Tod bewahrt und die Rettungsaktion des Grafen Bernadotte ermöglicht hat.
Wanda Heger, die 1921 geborene Tochter des Rechtsanwalts Johan Bernhard Hjort , kommt im Oktober 1942 mit ihrer Familie in einem kleinen Bahnhof bei Potsdam an. Als Zivilinternierte muss sie gemeinsam mit deutschen Arbeitern und französischen Kriegsgefangenen in Groß Kreutz leben, wo ein deutscher Onkel der Familie ein Schloss besitzt.
Nach der Verteidigung von Widerstandskämpfern verhaftet
Nachdem er die Verteidigung norwegischer Widerstandskämpfer übernommen und auch einen Artikel veröffentlicht hat, in dem er gegen die deutsche Besatzung sowie die Partei von Quisling Stellung bezog, wird der deutschstämmige Vater von Wanda bereits im Oktober 1941 von der Gestapo verhaftet.
Nach seiner Internierung im norwegischen Konzentrationslager Grini sowie in der Festung Akerhus wird er schließlich nach Deutschland verbracht, von wo aus er es schafft, seine Schwester Astrid zu kontaktieren, die Himmel und Hölle in Bewegung setzt, damit er freikommt.
Vermutlich aufgrund der Bitten von Astrid und ihrem Mann entscheidet Himmler, dass Johan Bernhard freigelassen wird, so seine gesamte Familie dazu bereit ist, in Deutschland zu leben. Da Frau und Kinder des Rechtsanwalts dem jedoch nicht zustimmen, werden Wanda, ihre Mutter und ihre Geschwister Anfang Oktober 1942 ebenfalls verhaftet und nach Deutschland gebracht.
Hilfe für die Häftlinge in Sachsenhausen
Im deutschen Groß Kreutz werden der jungen Wanda die Tage unerträglich lang. Sie sucht nach einer sinnvollen Beschäftigung. Gemeinsam mit ihrem Bruder Johan schafft sie es schließlich, mit den norwegischen Häftlingen des nahegelegenen Konzentrationslagers Sachsenhausen in Kontakt zu treten. Nachdem sie zu mehreren Namen und Häftlingsnummern gekommen ist, kann sie im Konzentrationslager Sachsenhausen ein paar Päckchen mit Lebensmitteln abgeben.
Da die SS fälschlicherweise der Meinung ist, Wanda komme vom Roten Kreuz, werden diese tatsächlich den norwegischen Häftlingen übergeben, für die sie bestimmt sind, und Wanda kann das Konzentrationslager fortan jeden Freitag mit Lebensmitteln, Seife und anderen Kleinigkeiten besuchen.
Kurze Zeit später entdeckt Wanda außerdem, dass die Lagerinsassen jeden Monat von ihren Familien eine bestimmte Summe Geld erhalten dürfen. Daraufhin versucht sie, so viele norwegische KZ-Häftlinge wie möglich zu erfassen und deren Familien zu kontaktieren. Dabei beschränkt sie sich schon sehr bald nicht mehr nur auf Sachsenhausen, sondern versucht auch, den Häftlingen in anderen Konzentrationslagern, wie z. B. Ravensbrück, Dachau oder Sennheim zu helfen.
Wanda erfährt von geheimen Lagern
Im Herbst 1943 entdeckt Wanda, dass es weitere Konzentrationslager geben muss, deren Existenz streng geheim gehalten wird. Eines davon ist das KL Natzweiler-Struthof im Elsass, zu dem Wanda einige Monate später aufbricht, um den dortigen Häftlingen zu zeigen, dass sie nicht dem völligen Vergessen ausgesetzt sind.
Organisation der Rettung von KZ-Häftlingen
Als die Engländer den Ärmelkanal überqueren, wird befürchtet, dass die Nationalsozialisten sämtliche KZ-Häftlinge umbringen lassen, bevor diese befreit werden können. Wanda und ihre Helfer wiederum werden im Chaos der sich nähernden Front von der Gestapo völlig vergessen. So gelingt es Wanda, mit der Regierung von Schweden Kontakt aufzunehmen und die Rettung norwegischer sowie dänischer Häftlinge zu organisieren.
Im Februar 1945 schließlich reist Graf Bernadotte nach Berlin und setzt sich dort für deren Freilassung ein. Er erreicht, dass die in Deutschland inhaftierten Norweger und Dänen in das Lager Neuengamme bei Hamburg gebracht werden dürfen und rettet so Tausenden das Leben. Im weiteren Verlauf gelingt es ferner, auch 27 000 Polinnen und Französinnen aus dem Konzentrationslager Ravensbrück zu bringen.
Meine Meinung zum Buch
Jeden Freitag vor dem Tor ist ein sehr berührender Roman über die Grausamkeiten des Konzentrationslagersystems sowie über Menschen, die den Mut hatten, sich den Nationalsozialisten zu widersetzen und aktiv Widerstand zu leisten. Ein Buch, das man unbedingt lesen sollte, um die Gräuel des Dritten Reichs nicht zu vergessen und sich immer wieder vor Augen zu halten, worin die Gefahren von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit liegen.
Wanda Heger: Jeden Freitag vor dem Tor. München 1989, Franz Schneekluth Verlag GmbH, ISBN 9783795111328, 272 Seiten
Ebenfalls in französischer Übersetzung erhältlich.
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Foto: Andrea Halbritter, Côté Langues
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