Wann der 2. Weltkrieg wirklich endete: Gedenkort Bouvron

Tafel mit der Aufschrift "Teamwork" und in verschiedenen Farben aufgemalten Personen

Der 8. Mai 1945 gilt offiziell als das Ende des 2. Weltkriegs. Wirklich korrekt ist dies jedoch nicht. Wann endete der 2. Weltkrieg wirklich? In diesem Artikel verrate ich dir, warum das Ende des 2. Weltkriegs genau genommen erst am 11. Mai 1945 in Bouvron besiegelt wurde.

Wann endete der 2. Weltkrieg wirklich?

Bouvron, auch heute noch ein kleines, unscheinbares Nest, etwa 38 km östlich von Saint-Nazaire in Westfrankreich. Etwa 3000 Seelen, eine Kirche, ein schon längst geschlossenes Café, grasende Kühe, von den Abgasen der Autos und Laster, die bis zur Umgehung jahrzehntelang durch den Ort bretterten, grauschwarze Fassaden. Bouvron, ein Ort, in dem man sich nur niederlässt, wenn man sich die teuren Küstenorte, wie Pornichet und La Baule, nicht leisten kann.

Für etwas Leben sorgen in dieser ländlichen Einöde lediglich die große Molkerei, in der Käse hergestellt wird, und ab und zu eine Party, die hinter dem Denkmal gehalten wird, das daran erinnern soll, dass der 2. Weltkrieg am 11. Mai 1945 in diesem verschlafenen, tristen Dorf beendet wurde.

Mahnmal Bouvron
Mahnmal Bouvron

Das Denkmal begrüßt ganzjährig kaum Besucher*innen und so sorgt mein Auto mit deutschem Kennzeichen für einige Aufmerksamkeit. Tourist*innen???? Bei uns???? Und das auch noch aus Deutschland!

Vor dem Denkmal ein paar Parkplätze, Radiomusik dringt mir entgegen. Hier trifft sich gern die Dorfjugend, quatscht, hört Musik und raucht auch ab und zu mal einen Joint oder auch nur ganz normale Zigaretten.

Bouvron und das Ende des 2. Weltkriegs

Wie aber kam es, dass der 2. Weltkrieg ausgerechnet in diesem verschlafenen Nest in der Loire-Atlantique beendet wurde?

Als amerikanische Truppen zwischen dem 10. und dem 12. August 1944 Nantes, Fay-de-Bretagne und Blain befreiten, sprengen die Nationalsozialisten zwei Brücken und besetzen Bouvron. Quartier beziehen sie in der Schule und in unbewohnten Häusern. Der Kirchturm von Bouvron dient den Deutschen als Wachturm.

Der 2. Weltkrieg und die Festung Saint-Nazaire

Die Gegend um Saint-Nazaire mit insgesamt 1500 km² wird zur sogenannten “Poche de Saint-Nazaire”, der Festung Saint-Nazaire, in der 125 000 Zivilist*innen eingeschlossen sind. Während der Großteil von Frankreich im September 1944 befreit ist, halten die Deutschen noch drei Gebiete: die Festungen Saint-Nazaire, Lorient und Royan.

Karte Festung Saint-Nazaire
Die “Poche de Saint-Nazaire”

Am 26. August werden die Orte evakuiert, an denen die Frontlinie verläuft. Die Lage verschärft sich Ende September. Um auch die Festung Saint-Nazaire zu befreien, entscheiden sich die Alliierten zu massiven Bombardierungen, durch die es zu vielen Toten und Schwerverletzten kommt.

Am 27. September beginnt das Rote Kreuz damit, diejenigen Zivilisten aus der Zone zu evakuieren, die in die befreiten Gebiete wollen. Viele verlassen die Festung Saint-Nazaire, insbesondere Landwirte bleiben mit ihren Familien da, um auch weiterhin ihr Vieh zu versorgen und nach getaner Arbeit Fahnen zu basteln, mit denen die US-Truppen begrüßt werden sollen.

Infotafel in Comicform
Infos für Kids und Jugendliche

Eigentlich ist der 2. Weltkrieg schon Anfang 1945 entschieden

Im November macht sich Hunger breit. Die Deutschen beschlagnahmen immer mehr Höfe und Lebensmittel, Plünderungen finden statt. Eine Getreidemühle ist zerstört, tagelang gibt es kein Brot. Im Januar 1945 nehmen die Bombardierungen zu.

Entschieden ist der Krieg eigentlich schon Anfang 1945. Über eine Nachkriegsordnung beraten die USA, Frankreich, Großbritannien und die Sowjetunion bereits im Februar.

Bouvron Infotafeln
Infotafeln in Bouvron

Die Nationalsozialisten geben dennoch nicht auf. Vielmehr wird mobilisiert, was geht. Sogar Kinder und Senioren müssen kämpfen. Erstere schickt man mit Panzerfäusten auf die Straßen. Noch bis zum Schluss werden Soldaten und Zivilisten hingerichtet. Standgerichte kommen regelmäßig zusammen und fällen Todesurteile. In Berlin ist der Kampf am 2. Mai zu Ende. Hitler begeht am 30. April 1945 Selbstmord und entzieht sich so der Verantwortung. Sein Nachfolger ist Großadmiral Karl Dönitz. Dieser beauftragt den Generaloberst Alfred Jodl mit der Führung der Kapitulationsverhandlungen in Reims.

Unterzeichnung der bedingungslosen Kapitulation

Am 7. Mai 1945 unterzeichnet Jodl die bedingungslose Kapitulation der deutschen Wehrmacht, welche am 8. Mai 1945 um 23 Uhr in Kraft tritt. Am 9. Mai 1945 erfolgt auch im sowjetischen Machtbereich eine Kapitulationserklärung.

Gedenkplatte in Bouvron
Gedenkplatte in Bouvron

Die deutschen Soldaten in der Festung Saint-Nazaire jedoch wollen nicht verhandeln. Hitler hatte vom deutschen General Hans Junck verlangt, die Festung Saint-Nazaire bis zum bitteren Ende zu halten. Junck teilt den US-Truppen daher am 7. Mai 1945 in Cordemais mit, dass er nicht zu Verhandlungen bereit sei. Erst nach mehreren Gesprächen ist Junck damit einverstanden, seine Waffe am 11. Mai 1945  an den US-General Kraemer zu übergeben: in Bouvron.

Eine in den Boden gelassene Steinplatte und ein Fahnenmast, an dem jahraus, jahrein die französische Trikolore weht, erinnern noch heute daran. In etwas Entfernung ein Mahnmal, hinter dem es sich auch heute noch gut und etwas versteckt feiern lässt …

Zur Kapitulation des japanischen Kaiserreichs kam es übrigens erst am 2. September 1945.

Gedenkplatte Bouvron auf Wiese mit Fahnenmast und französischer Flagge
Erinnerungsort auf der “grünen Wiese”

Praktisches:

Wenn du den Gedenkort in Bouvron besuchen möchtest, solltest du in Bouvron den Schildern “Site historique de la Reddition du 11/05/1945” folgen.

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Andrea Halbritter

Andrea Halbritter ist Nachfahrin von politisch Verfolgten des Naziregimes. Drei Mitglieder ihrer Familie waren im “Dritten Reich” im Polizeigefängnis Augsburg und/oder im Konzentrationslager Dachau inhaftiert. Als Übersetzerin vom Französischen ins Deutsche sowie vom Standarddeutschen in Leichte und Einfache Sprache arbeitet die Germanistin und Romanistin unter anderem im Bereich Erinnerungskultur.

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