Leute, die auf Twitter/X oder Instagram in einer Barrierefreiheits-Bubble unterwegs sind, kennen sie schon seit längerem: Frankyman und ZauberBärin, die für mehr Barrierefreiheit in deutschen Zügen kämpfen.
Frankyman und ZauberBärin: die Aktivist*innen für Barrierefreiheit mit der Bahn
Das Ehepaar Karin Cordes-Zabel und Frank Cordes aus Bremerhaven reist seit 2019 quer durch die Republik. Die 53-jährige Karin ist in einem 200 kg schweren E-Rolli unterwegs. Seit ihrer Geburt ist sie von einer Zerebralparese betroffen. Mit der Hilfe von Frank kann sie täglich ein paar Schritte gehen, ist aber auf ihren Rollstuhl angewiesen und kommuniziert mithilfe eines Sprachcomputers.
Schon vor 2019 waren Karin und Frank viel unterwegs, allerdings mit dem Auto. Da Frank der einzige Fahrer war und ihm die längeren Touren mit der Zeit vor allem nachts zu anstrengend wurden, beschlossen die beiden vor 5 Jahren, auf die Deutsche Bahn umzusteigen. Bereits die erste Fahrt klappte nicht, der Wagen für Rollifahrer*innen fehlte. Ihre Fahrt nach Berlin konnte erst am darauffolgenden Tag stattfinden.
Inzwischen sind Frankyman und ZauberBärin zu einem Kultpaar geworden, das im Netz tausende Follower*innen hat. Der Twitter-X-Account von Frankyman zählt seit April 2024 10.000, auf Instagram kommt derfrankyman auf über 2100 Abonnent*innen. Lokale und regionale Zeitungen interviewen die Vielfahrer*innen, zu Gast waren sie auch bei mehreren Podcasts, zum Beispiel dem von ChancenGleich.
Auch für Karin ist das Zugfahren angenehmer als im Auto – so es denn funktioniert. Mit der Bahn zu verreisen ist für sie weniger holprig und ab und zu kann ihr Frankyman auch etwas zu essen bringen. Eine große Schwäche hat ZauberBärin für Kuchen, davon verspeist sie auch gerne zwei Stückchen, wenn das Angebot verlockend ist.
Was sind die Punkte, die dem inzwischen recht berühmten Paar bei Zugfahrten Probleme machen? Im Zug vor allem fehlende Behindertentoiletten, defekte Türen, durch Fehler in der IT nicht vorbereitetes Zugpersonal. Im Bahnhof nicht funktionierende oder nicht ausgeschilderte Aufzüge und defekte Hublifte.
An vielen Bahnhöfen sind die Aktivist*innen bereits bekannt. Das Personal im heimischen Bremen freut sich, wenn die “Promis” wieder von einer Reise zurückkommen. In anderen Städten ist man froh, bestimmte Lifte ausprobieren zu können, die selten angefragt werden. Mit der Deutschen Bahn sind Karin und Frank in permanentem Dialog und können so das Angebot für Rollifahrer*innen verbessern.
ZauberBärin hat ein Vielfahrer-Abo, ihr Mann Frank darf als Begleitperson umsonst mit. 2023 haben die beiden mit der Deutschen Bahn 90.000 km zurückgelegt. Ihr Ziel für 2024 ist, die 100.000 km zu „knacken“. Pleiten, Pech und Pannen, die sie im Zug oder Bahnhof erleben, machen die beiden öffentlich und berichten detailliert darüber, so dass sie auffallen. Selbst von zwei Mitgliedern des Bahnvorstandes wurden Frankyman und ZauberBärin schon empfangen. Das Abo wird ZauberBärin seit 2023 von ihrer Bubble gesponsert. Für 2024 war das Geld bereits innerhalb von wenigen Stunden gespendet.
Feedback und Infos bekommen die beiden Aktivist*innen aus der Behinderten-Community. Für jüngere Menschen sind die Mittfünfziger inzwischen zu einem Vorbild geworden. Sie motivieren, unterwegs zu sein und die Welt zu erkunden. Frank und Karin sprechen mit Presse, geben Interviews. Ihr Bekanntschaftsgrad macht ihnen keine Probleme – im Gegenteil: Sie wünschen sich noch mehr Öffentlichkeit, um das Thema Barrierefreiheit stärker ins Licht zu rücken und das Reisen mit dem Zug einfacher zu machen.
ZauberBärins Lieblingssatz bei Besprechungen mit der Deutschen Bahn ist: „Es dauert zu lange.“
Was Frank und Karin noch ansprechen? Es gibt kaum Werbespots der Deutschen Bahn, auf denen Menschen mit einer Behinderung erscheinen. Egal, ob als Fahrgäste oder als Personal. Österreich ist da schon ein Stückchen weiter.
Im April 2024 haben mich Karin und Frank in Augsburg besucht. Bei sonnigen 16 °C haben wir uns auf dem Rathausplatz ein paar Stücke Kuchen und Maultaschen gegönnt, bevor wir ins Augsburger Rathaus aufgebrochen sind und dort feststellen mussten: Nicht nur die Barrierefreiheit an Bahnhöfen und in Zügen muss sich verbessern. In öffentlichen Gebäuden sind auch die Behindertentoiletten schwer zu finden …
Anschließend ging’s für das Paar aus Bremerhaven in die Augsburger Puppenkiste: Lukas der Lokomotivführer hat sich sicherlich über den Besuch gefreut. Ich mich auch!