Wie du Nominalstil in leicht verständliche Sprache bringst

Tafel mit der Aufschrift "Teamwork" und in verschiedenen Farben aufgemalten Personen

Nominalkonstruktionen sind schwer verständlich. Wie du Nominalstil in leicht verständliche Sprache bringst, lernst du in diesem Beitrag.

Doch was ist eigentlich Nominalstil? Der Nominalstil ist ein Stil, der besonders viele Substantive und kaum Vollverben enthält, zum Beispiel:

„Die Durchführung der Überprüfung erfolgte durch unser Team.“

„Die Durchsicht der Arbeiten hat Kollegin […] übernommen.“

„Die geplante Erhöhung der Lebenseintrittsalters führte zu Protesten.“

Wie du Nominalstil in leicht verständliche Sprache umformst

Wenn Sätze schwer verständlich sind, enthalten sie oft Nominalisierungen. Vor allem Behörden, Jurist*innen, Mediziner*innen und Wissenschaftler*innen verwenden Nominalkonstruktionen häufig. Texte im Nominalstil wirken steif und unpersönlich. Meist fehlen Vollverben und handelnde Personen. Das „Gegenteil“ von Nominalstil ist Verbalstil. Er enthält viele Verben und wenige Substantive, zum Beispiel:

„Kollegin […] hat die Arbeiten durchgesehen.“

„Weil sich das Lebenseintrittsalter erhöhen soll, protestierten viele Menschen.“

Nominalstil solltest du in leicht verständlicher Sprache – also in Einfacher Sprache und in Leichter Sprache – nicht verwenden.

Wie dir sicher schon an meinen Beispielen aufgefallen ist, sind Nominalisierungen meist von Verben abgeleitet: ein Team hat etwas überprüft, eine Kollegin hat Arbeiten durchgesehen, Menschen haben protestiert …

Für leicht verständliche Sprache Nominalkonstruktionen in einen Verbalstil bringen

Wenn du Nominalkonstruktionen in gut verständliche Sprache umformulieren willst, wandelst du sie in einfache Sätze um und bringst sie in einen Verbalstil. Oft wirst du dabei das Problem haben, dass ein Subjekt fehlt. Das heißt: Du weißt nicht immer, wer eigentlich etwas getan hat: Wer hat eigentlich protestiert? Wie viele Personen waren das? …

Um herauszufinden, wer handelt, musst du den Kontext prüfen. Dabei wird dir oft klar, wer was gemacht hat. Falls nein, wählst du ein Subjekt, das garantiert passt, in meinem Fall „viele Menschen“.

Wenn du Nominalstil in Verbalstil verwandelst, taucht oft ein weiteres Problem auf: Bei längeren Konstruktionen hast du plötzlich einen Nebensatz:

„Weil sich das Renteneintrittsalter erhöhen soll, protestierten viele Menschen.“

„Es protestierten viele Menschen, weil sich das Alter, in dem man in Rente kann, erhöhen soll.“

„Unser Team hat überprüft, was der Kunde bereits durchgeführt hat.“

Nominalkonstruktionen in Einfache Sprache umformulieren

In Einfacher Sprache sind Nebensätze kein Problem, wenn sie nicht zu verschachtelt sind. Satz 2 ist mit drei Kommata und einem durch einen Nebensatz („in dem man in Rente kann“) unterbrochenen Nebensatz („weil sich das Alter erhöhen soll“) keine Einfache Sprache mehr.  Der Satz ist so schwer verständlich. Einfache Sprache und damit leicht verständliche Sprache ist: „Es protestieren viele Menschen, weil sich das Alter erhöhen soll, in dem man in Rente gehen kann.“

Nominalkonstruktionen in Leichte Sprache übersetzen

In Leichter Sprache, der noch besser verständlichen Form des Deutschen, sind die meisten Nebensätze ein Problem. Wie du Nebensätze in Leichter Sprache umformulieren kannst, lernst du auf meinem Blog in zahlreichen Artikeln. Es existieren unterschiedliche Strategien, die von der Bedeutung des Nebensatzes abhängen. Mit ihnen kannst du Nebensätze in sehr leicht verständliches Deutsch verwandeln.

Meist übersetze ich Nominalkonstruktionen in bis zu 10 Schritten in Leichte Sprache:

Die 10-Schritte-Methode zur Übersetzung von Nominalstil in Leichte Sprache

1. Lies dir den Satz im Nominalstil durch und versuch, ihn zu verstehen.

2. Formuliere den Satz im Nominalstil in Verbalstil um.

3. Entflechte die dadurch entstandenen Satzgefüge. Verzichte dabei auf Nebensätze.

4. Bring die Sätze in eine chronologisch korrekte Reihenfolge und gib Zusatzinfos, wenn nötig.

5. Ersetze weitere nicht erlaubte Konstruktionen (wie Vorgangspassiv, Genitiv).

6. Tausche Zeiten aus, die es in Leichter Sprache nicht gibt.

7. Formuliere um, falls deine Sätze Konjunktivformen aufweisen.

8. Tausche schwere Wörter gegen leichte Wörter aus.

9. Streich Infos, die unnötig sind.

10. Leg das Ergebnis deiner Prüfgruppe vor.

Beispiel für eine Umwandlung in Leichte Sprache

Für den Satz „Die geplante Erhöhung der Lebenseintrittsalters führte zu Protesten.“ ergeben sich in Schritt 2 zum Beispiel folgende Phasen:

„Weil das Lebenseintrittsalters erhöht werden soll, kam es zu Protesten.“

„Weil die Regierung plant, das Lebenseintrittsalter zu erhöhen, protestierten viele Menschen.“

„Weil die Regierung plant, das Alter zu erhöhen, in dem Menschen in die Rente können, protestierten viele Menschen.“

In Leichter Sprache könnte das Endergebnis lauten:

„Jetzt gehen Menschen mit 67 Jahren in Rente.

Die Regierung hat beschlossen:

In Zukunft dürfen Menschen erst mit 70 Jahren in Rente gehen.

Viele Menschen sagen:

Das ist zu spät.

Damit sind wir nicht einverstanden.

Und deshalb protestieren diese Menschen.”

Aufwändig? Ja. Leichte Sprache braucht Zeit … und Grips! Aber es lohnt sich: Denn Leichte Sprache macht das Leben bunt.

Jetzt bist du mit leicht verständlicher Sprache dran!

Du hast Lust, Nominalstil selbst in verständliche Sprache umzuformulieren? Dann leg los und versuch es selbst, zum Beispiel mit:

„Die Behandlung der Erkrankung gemäß den Empfehlungen des Hautarztes kann dazu beitragen, eine Verschlimmerung der Symptome zu verhindern.”

Okay, der ist fies! Du siehst diesen Beitrag auf Social Media? Dann schreib mir deine Lösung oder einzelne Schritte in die Kommentare. Ich bin gespannt auf deine leicht verständlichen Sätze. Auf meinem Blog gibt es diese Möglichkeit leider nicht.

Frau mit schulterlangen blonden Haaren und grauen Strähnen, blauen Augen, Brille und grauem Mantel

Andrea Halbritter

Andrea Halbritter ist Germanistin mit 2. Staatsexamen und vom Netzwerk Leichte Sprache e. V. zertifiziert. Sie erstellt Texte in Leichter und Einfacher Sprache für NS-Gedenkstätten, Museen, politische Parteien und Gesundheitsbehörden. In den Sprachrichtungen Französisch-Deutsch und Englisch-Deutsch übersetzt Andrea vor allem im Bereich Wein.

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