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Welche Label für Leichte Sprache gibt es?

Easy-to-Read-Logo Inclusion Europe

Label beziehungsweise Gütesiegel für Leichte Sprache dienen vor allem der Kennzeichnung von Leichte-Sprache-Texten. Sie weisen Vertreter*innen der Zielgruppen Leichter Sprache darauf hin: Dieser Text ist leicht verständlich (oder behauptet zumindest von sich, barrierefrei oder barrierearm zu sein).

Leichte-Sprache-Texte mit einem Label oder Gütesiegel zu versehen macht also vor allem im Hinblick auf die Zielgruppen Leichter Sprache Sinn. Stehen solche Siegel und Logos aber auch immer für Qualität und was für Label, Gütesiegel, Qualitätssiegel und Prüfsiegel gibt es überhaupt?

In diesem Artikel stelle ich dir mehrere davon vor. Da quasi jeder ein Logo kreieren kann, erhebt diese Zusammenstellung von Labeln für Leichte Sprache keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

Die bekanntesten Label für Leichte Sprache

1. Easy-to-Read-Logo von Inclusion Europe

Easy-to-Read-Logo Inclusion Europe

Beim derzeit am weitesten verbreiteten Label für Leichte Sprache handelt es sich um das Easy-to-Read-Logo, auf Deutsch auch “Europäisches Logo für Leichtes Lesen” von Inclusion Europe. Der Verband wurde 1988 unter anderem Namen gegründet und benannte sich im Jahr 2000 in Inclusion Europe um. Er engagiert sich für die Rechte von Menschen mit Behinderung und entwickelte bereits 1998 die ersten Easy-to-Read-Richtlinien. Sein Easy-to-Read-Logo gibt es seit über 20 Jahren.

Texte, die mit dem “Europäischen Logo für Leichtes Lesen” versehen werden, müssen sich an die Easy-to-Read-Richtlinien halten und von mindestens einer Person mit einer geistigen Behinderung auf ihre Verständlichkeit geprüft worden sein. Das Logo muss in den Originalfarben und mit bestimmten Maßen verwendet werden, ein Copyright-Hinweis mit Verlinkung der Website von Inclusion Europe ist nötig. So ist folgender Hinweis zu machen: © European Easy-to-Read Logo: Inclusion Europe. More information at www.inclusion-europe.eu/easy-to-read

 

2. Qualitätssiegel des Netzwerks Leichte Sprache e. V.

 

Qualitätssiegel des Netzwerks Leichte Sprache e. V.

Auch der Verein Netzwerk Leichte Sprache e. V. hat ein Gütesiegel für Leichte Sprache entwickelt. Es soll sicherstellen, dass ein Text nach den Regeln des Netzwerks Leichte Sprache e. V. erstellt wird. Das Qualitätssiegel darf nicht von allen Mitgliedern des Netzwerks Leichte Sprache e. V. benutzt werden.

Vielmehr darf es lediglich von den Mitgliedern vergeben werden, die bereits eine gewisse Zeit Mitglied des Netzwerks Leichte Sprache e. V. sind und die zum Zeitpunkt der Beantragung des Labels einige qualitativ hochwertige Leichte-Sprache-Texte vorweisen können. Eine regelmäßige interne Qualitätskontrolle der Anbieter*innen, die das Siegel führen, existiert meines Wissens nicht. Die Texte müssen von mindestens zwei Prüfer*innen mit einer geistigen Behinderung auf Verständlichkeit geprüft sein.

 

3. Logo Leichte Sprache der Forschungsstelle der Uni Hildesheim

Leichte-Sprache-Siegel Hildesheim

Das Siegel “Leichte Sprache” der Universität Hildesheim darf von allen genutzt werden, die ihre Texte nach den Regeln der Forschungsstelle Leichte Sprache der Universität Hildesheim verfassen.

Eine Prüfung durch die Zielgruppe ist für die Kennzeichnung eines Textes mit diesem Logo nicht erforderlich.

 

4. Prüfsiegel “Leichte Sprache wissenschaftlich geprüft” der Uni Hildesheim

Siegel Uni Hildesheim Leichte Sprache wissenschaftlich geprüft

Zur Kennzeichnung Leichter Sprache gibt es von der Forschungsstelle Leichte Sprache der Universität Hildesheim ein zweites Logo. Hierbei handelt es sich um ein Verständlichkeitssiegel, welches für Texte vergeben werden darf, die durch die Forschungsstelle selbst in mehreren Durchgängen wissenschaftlich geprüft wurden.

Mitarbeiter*innen der Universität Hildesheim prüfen Leichte-Sprache-Texte hierfür mit der Verständlichkeitssoftware TextLab des Unternehmens H&H Communication Lab. Anschließend folgen linguistische und übersetzungswissenschaftliche Analysen des Leichte-Sprache-Texts sowie eine Überarbeitung.

 

5. LL-Gütesiegel von Capito

LL-Gütesiegel Capito

Bei Capito (Italienisch ‘Ich habe verstanden’) handelt es sich um ein Privatunternehmen mit Franchise-Partnern. Capito hat eigene Gütesiegel entwickelt, die sich – je nach Sprachniveau – in drei Stufen aufteilen: A1, A2, B1.

Texte mit einem Gütesiegel von Capito wurden entweder von dem Unternehmen selbst oder aber von einem Franchise-Partner übersetzt beziehungsweise in Auftrag gegeben. Derzeit gibt es Capito an etwa 20 Standorten in Österreich, Deutschland und der Schweiz. Bei der Erstellung von Texten arbeitet Capito nach einem eigenen Kriterienkatalog sowie mit Prüfgruppen, die die Verständlichkeit von Informationen kontrollieren.

Andere Label für Einfache und Leichte Sprache

Neben diesen Labeln existieren weitere Leichte-Sprache-Logos, zum Beispiel des deutschen Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, das eine Logo-Variante besitzt, die dem Easy-to-Read-Logo von Inclusion Europe ähnelt, sowie ein Label des Schweizer Gleichstellungsbüros vom Eidgenössischen Departement des Inneren. Die Forschungsstelle Leichte Sprache der Universität Hildesheim bietet auch ein Label für Einfache Sprache, das von allen benutzt werden darf, die sich an den entsprechenden Kriterienkatalog halten.

Label Verso

Recht jung ist das Label von Verso. Verso steht für VerständnisOrientierung und versteht sich als eine neue leicht verständliche Sprachform, die sich an Menschen mit kognitiver Beeinträchtigung, Menschen mit funktionalem Analphabetismus, Menschen mit Migrationserfahrung und Menschen mit Altersdemenz richtet. Entstanden ist die Sprachform seit 2015 als Ergebnis eines Projekts des Martinsclubs Bremen und der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel.

Das Label existiert seit Ende 2017 und wird nur vom Unternehmen Verso selbst genutzt. Ziel des Privatunternehmens ist es, den aktuellen Forschungsstand zu leicht verständlicher Sprache zu berücksichtigen. Hierfür kooperiert die GmbH mit dem Sprachwissenschaftler Alexander Lasch, der an der TU Dresden tätig ist.

Für mich persönlich fällt Verso eher in die Kategorie der Einfachen als der Leichten Sprache. Im Vergleich zu Leichter Sprache, wie sie vom Netzwerk Leichte Sprache e. V. oder der Forschungsstelle Leichte Sprache der Universität Hildesheim propagiert wird, ist Verso komplexer und daher vielleicht doch nicht “eine verständliche Sprache für alle”, wie es der firmeneigene Slogan suggeriert … So verwendet Verso beispielsweise auch Präteritum und auch nicht immer leichte Wörter, wie zum Beispiel der von Verso erstellte leicht verständliche Text über Herbert Wehner zeigt.

Fazit Label für Einfache und Leichte Sprache

Es existieren sehr viele verschiedene Label und Gütesiegel für Leichte Sprache. Meist fehlt jedoch eine externe Kontrolle, das heißt: Übersetzer*innen und Agenturen für Leichte Sprache versehen ihre Texte in der Regel selbst mit einem Label, ohne dass eine wirklich Kontrolle stattfindet. Einige haben ihre Gütesiegel sogar selbst kreiert. Leichte-Sprache-Logos geben Eingeweihten einen Hinweis auf die Arbeitsweise (Zahl der Prüfer*innen mit Behinderung, Überprüfung mit einem Tool) und die zugrunde liegenden Regelwerke, eine Garantie für gute Leichte Sprache oder qualitativ hochwertige Einfache Sprache sind Prüfsiegel jedoch nicht unbedingt.

Welche Label für Einfache und Leichte Sprache ich dir biete

Ich persönlich biete meinen Kund*innen das “Europäische Logo für Leichtes Lesen” von Inclusion Europe sowie die Label “Leichte Sprache” und “Einfache Sprache” der Universität Hildesheim an. Einsetzen kann ich – je nach Kundenbudget und Zeit – 1 bis 6 Prüfer*innen mit einer geistigen Behinderung. In ganz seltenen Fällen arbeite ich bei Eilprojekten oder sehr niedrigem Budget mit keinem*r Prüfer*in zusammen. Dies kam in den letzten vier Jahren aber nur zweimal und nur nach Absprache mit dem Kunden vor.

 

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Zur Autorin:

Übersetzerin Andrea Halbritter

Andrea Halbritter erstellt hauptsächlich für Gedenkstätten, Museen, Politiker*innen und den Gesundheitsbereich Texte in Leichter und Einfacher Sprache. Ausgebildet wurde die Germanistin mit 2. Staatsexamen 2019 vom Netzwerk Leichte Sprache e. V. sowie 2022 von der Forschungsstelle Leichte Sprache der Universität Hildesheim.

 

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