Warum und wie du deine Preise als Übersetzer*in erhöhen solltest
Viele Übersetzer*innen scheuen sich davor, die Preise für ihre Übersetzungen zu erhöhen. Vielleicht geht es dir ja auch so? Stellst du dir als Übersetzer*in immer wieder folgende Fragen:
Kann ich meine Preise für Übersetzungen erhöhen? Wie viel mehr darf ich für meine Übersetzungsleistungen verlangen? Wann ist der beste Zeitpunkt, meine Preise als Übersetzer*in heraufzusetzen? Wie teile ich meinen Kund*innen meine höheren Preise mit?
In diesem Artikel erfährst du, wann du für deine Übersetzungsleistungen mehr verlangen kannst. Erfahrene Übersetzer*innen plaudern aus dem Nähkästchen und verraten dir ihre Tipps, mit denen sie seit Jahren erfolgreich sind.
9 Anzeichen, dass du deine Preise als Übersetzer*in erhöhen solltest
#1 Du hast als Übersetzer*in mehr Aufträge, als du annehmen kannst
Du bist als Übersetzer*in regelmäßig overbooked, musst immer wieder Übersetzungsaufträge ablehnen? Das ist ein eindeutiges Zeichen dafür, dass du deine Preise erhöhen solltest!
Wenn du so viel zu tun hast, dass du als Übersetzer*in Aufträge ablehnen musst, heißt das: Dein Angebot kommt gut an, deine Übersetzungsleistungen sind gefragt, deine Kund*innen schätzen dich.
Wenn dein Auftragsbuch voll ist und du ausgebucht bist, wird deine Zeit als Sprachmittler*in automatisch mehr wert. Zeit, dass sich dies auch in deinen Preisen spiegelt!
#2 Kund*innen nehmen deine Preise sofort an
Kund*innen nehmen deine Kostenvoranschläge sofort an und versuchen quasi nie mit dir über deine Preise zu diskutieren? Sie verhandeln nicht, sondern sagen stattdessen gleich zu?
Ein weiteres Zeichen, dass du die Tarife für deine Übersetzungen heraufsetzen kannst.
#3 Deine letzte Preiserhöhung als Übersetzer*in ist schon 2 Jahre oder länger her
Je länger du als Übersetzer*in tätig bist, desto mehr Erfahrung sammelst du und desto besser wirst du in deinem Job.
Dies ist bei angestellten Übersetzer*innen ähnlich. Ein Angestellter bekommt regelmäßig eine Gehaltserhöhung, die diese Erfahrung wertschätzt. Als freiberuflich tätiger Übersetzer solltest du darauf achten, dass sich auch dein Unternehmer*innengehalt regelmäßig erhöht.
#4 Du hast eine längere Fortbildung hinter dir
Um deinen Übersetzungskund*innen eine noch bessere Qualität bieten zu können, hast du in dich investiert und eine längere oder mehrere Fortbildungen absolviert.
Mit Kursen und Schulungen hast du dein Fachwissen vergrößert, so dass deine Arbeitszeit mehr wert ist. Voraussetzung ist natürlich, dass die Kursinhalte für deine Kund*innen auch wirklich relevant sind.
Bist du zum Beispiel im Bereich Jura unterwegs und absolvierst eine Fortbildung zu Medizintechnologie, rechtfertigt dies vermutlich nicht, dass du deine Preise für juristische Übersetzungen erhöhst.
#5 Du hast es in deinem Bereich zu einem absoluten Expert*innenstatus gebracht
Deine Positionierung ist geglückt, du bist in deinem Bereich Expert*in, ja vielleicht sogar Marktführer*in?
Deine Arbeit als Übersetzer*in ist für deine Kund*innen von großem Wert? Kaum jemand oder niemand anderer kann sie so leisten wie du? Dann solltest du dir deine Übersetzungen auch entsprechend bezahlen lassen und deine Preise erhöhen.
#6 Du bekommst als Übersetzer*in regelmäßig sehr positives Feedback
Für Übersetzungen bekommst du von deinen Kund*innen regelmäßig sehr positive Rückmeldungen? Deine Übersetzungskund*innen vermitteln dir, dass sie mit deiner Arbeit als Übersetzer*in rundum zufrieden sind? Du vereinfachst das Leben deiner Kund*innen erheblich? Du lieferst ihnen einen großen Mehrwert und verhilfst ihnen mit deinen Übersetzungen zu mehr Umsatz?
Diesen Mehrwert solltest du dir auch bezahlen lasssen und deine Preise nach dem Value berechnen, den deine Kund*innen aus deiner Übersetzungsleistung ziehen.
#7 Kund*innen wollen unbedingt mit DIR zusammenarbeiten
Kund*innen kommen von selbst auf dich zu und wollen unbedingt mit dir und keinem bzw. keiner anderen zusammenarbeiten?
Auch dies ist ein untrügliches Zeichen dafür, dass du deine Tarife als Übersetzer*in heraufsetzen kannst.
#8 Du hast das Gefühl, dass du dich als Übersetzer*in unter Wert verkaufst
Du bist mit den Preisen, die du als Übersetzer*in erzielst, unzufrieden? Du hast das Gefühl, dass du für deine Übersetzungsleistungen nicht genügend verlangst und du dich unter Wert verkaufst? Du bist der Ansicht, dass deine Arbeit und deine Zeit eigentlich mehr wert sind?
Du arbeitest Tag und Nacht? Du hast als Übersetzer*in kaum ein freies Wochenende und gönnst dir auch keinen oder nur wenig Urlaub? Dein Konto ist permanent in den Miesen, obwohl du wenig Freizeit hast und qualitativ hochwertige Übersetzungen lieferst? Oder du kommst als Sprachmittler*in gerade so über die Runden, kannst aber nichts zurücklegen?
Dann solltest du unbedingt etwas unternehmen und deine Preise erhöhen. Tust du dies nicht, gehst du früher oder später nur noch mit Widerwillen an die Arbeit und hast schlicht und ergreifend keine Lust mehr zu übersetzen.
#9 Du hast “schwierige” Kund*innen
Mit niedrigen Preisen ziehst du tendenziell “schwierige” Kund*innen an:
– Kund*innen, die immer nur meckern, obwohl du als Übersetzer*in höchste Qualität lieferst;
– Kund*innen, die immer mehr wollen: mehr als ursprünglich vereinbart und das natürlich zum gleichen Preis;
– Kund*innen, die erwarten, dass du immer sofort Zeit hast und das natürlich auch am Wochenende;
– Kund*innen, die spät oder nicht in vollem Umfang bzw. nur nach Einschalten eines Inkassounternehmens zahlen;
– Kund*innen, die in der Kommunikation mit dir als Übersetzer*in nicht respektvoll sind;
– Kund*innen, die sich nicht an Absprachen halten …
In den ersten Jahren meiner Selbstständigkeit musste ich Kund*innen wegen der Bezahlung meiner Rechnungen immer wieder hinterherlaufen. Teils über ein Jahr. Hinzu kamen immer wieder unerfreuliche Telefongespräche, wenn ich als Übersetzer*in um 23 Uhr oder aber am Wochenende nicht zur Verfügung stand.
Mit niedrigen Preisen findest du als Sprachmittler*in keine wertschätzenden Kund*innen. Sind deine Tarife niedrig, vermittelst du damit: Deine Arbeit als Übersetzer*in ist nichts oder nur wenig wert.
Du schätzt dich und deine Arbeit nicht und folglich tun das viele Übersetzungskund*innen auch nicht.
Verlangst du dagegen ordentlich Geld, kosten deine Übersetzungen mehr als nur Peanuts, schätzen dich auch deine Kund*innen mehr. (Was natürlich nicht heißen soll, dass man zwischendurch nicht mal etwas entgegenkommender sein kann … Ich zum Beispiel habe unterschiedliche Tarife für Übersetzungen und verlange von kleinen Vereinen oder Initiativen von Ehrenamtlichen nicht denselben Preis wie von großen Unternehmen.)
Wie du deine Preise als Übersetzer*in erhöhst
Bevor du deine Preise als Übersetzer*in erhöhst, ist etwas Arbeit am Mindset angesagt. Dir sollte klar sein, was deine Arbeit dir und deinen Kund*innen wert ist. Überlege dir in Ruhe, warum deine Übersetzungskund*innen bereit sein sollten, deine höheren Wort-, Zeilen- oder Projektpreise zu akzeptieren.
Welche Möglichkeiten es gibt, deine Übersetzungspreise zu erhöhen?
#1 Preiserhöhung für Neukund*innen
Am einfachsten ist eine Preiserhöhung für Übersetzungen natürlich bei Neukund*innen. Jede Anfrage eines potenziellen Neukunden ist die Chance, für deine Übersetzungsarbeit einen höheren Preis zu erzielen.
Wenn du eh schon gut gebucht bist, dann versuch es einfach! Wenn du auf deiner Website keine Preisliste veröffentlicht hast, ist dies kein Problem.
In Übersetzer*innenforen lese ich immer wieder von Kolleg*innen, dass sie mit einem bestimmten Kunden eigentlich gar nicht arbeiten wollten und sie daher in der Hoffnung, er würde ihr Angebot ablehnen, einen sehr hohen Preis angegeben haben. Nicht selten mussten diese Übersetzer*innen dann feststellen, dass das Angebot dem Kunden nicht zu teuer war.
#2 Zuschläge für Eilübersetzungen
Viele Übersetzer*innen verlangen bereits Zuschläge für Eilübersetzungen, Wochenendarbeit, Spätschichten … Falls du für Leistungen an Sonn- und Feiertagen, am späten Abend … noch keinen Zuschlag verlangst, solltest du darüber nachdenken, dies ab sofort zu tun. Vorausgesetzt natürlich, du willst zu diesen Zeiten überhaupt arbeiten.
#3 Preiserhöhungen bei Bestandskund*innen
Nicht ganz einfach ist, bei Bestandskund*innen Preiserhöhungen für Übersetzungsleistungen durchzusetzen. Insbesondere Agenturen dazu zu bringen, für Übersetzungen höhere Wort- oder Zeilenpreise zu bezahlen, ist nicht einfach.
Da ich nur sehr wenig mit Übersetzungsagenturen arbeite, bin ich hier auch nicht wirklich die richtige Ansprechpartnerin.
Regelmäßig arbeite ich als Übersetzerin nämlich nur für eine einzige Agentur und dies schon seit über 7 Jahren. Meinen Wortpreis für diese Übersetzungsagentur habe ich bisher nur einmal erhöht. Versucht hatte ich, eine Erhöhung um 0,03 € pro Quellwort durchzusetzen. Letztlich konnten wir uns nach einigem Hin und Her auf 0,02 € pro Quellwort mehr einigen. Die letzte Erhöhung liegt mittlerweile drei Jahre zurück … Zeit, mal wieder auszuloten, ob nicht mehr für die Übersetzerin geht, zumal ich mit Direktkund*innen sehr gut gebucht bin!
Beachten solltest du bei Preiserhöhungen für Agenturen auf jeden Fall, dass die meisten davon mit ihren Kund*innen Rahmenverträge abgeschlossen haben, die es ihnen nicht ermöglichen, ihre Tarife mitten im Jahr zu erhöhen. Preiserhöhungen können also in der Regel immer nur zu Jahresbeginn in Kraft treten. Du solltest sie außerdem ein paar Monate vorher ankündigen, am besten schon Ende August/Anfang September.
Bei Direktkund*innen habe ich mittlerweile (fast) nur noch Projektpreise für Übersetzungen. Und das sowohl für Übersetzungen in der Sprachrichtung Französisch-Deutsch als auch für Texte in Leichter oder Einfacher Sprache. Preiserhöhungen fallen da viel weniger auf als bei Wort- oder Zeilenpreisen.
Welche Tipps für höhere Preise haben andere Übersetzer*innen? Ich habe 4 Kolleg*innen befragt:
Tipps zu Preiserhöhungen von anderen Übersetzer*innen
#1 “Interner Stundensatz” statt explizite Preiserhöhungen
Dem Kunden gegenüber kommuniziere ich meinen Stundensatz für Übersetzungen nur selten. Vielmehr errechne ich – vor allem bei Direkt- und Privatkunden – auf seiner Grundlage einen Projektpreis für das Angebot. Agenturen und Übersetzungsbüros gegenüber arbeite ich häufig mit Zeilen- oder Wortpreisen, die ich aus dem internen Stundensatz und meinen Erfahrungswerten für die pro Zeile bzw. Wort benötigte – und natürlich je nach Textanforderungen unterschiedliche – Arbeitszeit ableiten kann.
Den internen Stundensatz für Übersetzungen passe ich regelmäßig an – als Inflationsausgleich oder Gehaltserhöhung für mich selbst. Da er aber ein Durchschnittswert ist, bietet er auch die Flexibilität, unterschiedliche Kundengruppen und Preissegmente zu bedienen.”
Dr. Daniel Falk, selbstständiger Übersetzer und Dolmetscher für Arabisch in Freiburg im Breisgau, Spezialgebiete: Sozialwissenschaften, Medizin und Recht
#2 Preise für Übersetzungen jährlich erhöhen
In Serbien gibt es offiziell kaum Inflation, doch alles wird immer teurer. Nicht weniger wichtig ist, dass ich mich weiterbilde, worüber ich meine Geschäftspartner*innen regelmäßig und ganz genau informiere. Wenn ich meine Tarife für Übersetzungsleistungen erhöhe, verweise ich auf die überall höher werdenden Kosten. Die verbesserte Dienstleistung erwähne ich dann nicht noch einmal.
Die Preise für Übersetzungen steigen bei mir meist im Januar. Die neuen Tarife erhalten meine Agenturen einen Monat vorher per E-Mail. Ende 2019 tat ich wegen der zu erwartenden Pandemie erst einmal gar nichts, was dazu führte, dass es zur Preissteigerung erst nach der ersten Pandemiewelle im Juni 2020 kam.”
Katja Đekić, freiberufliche Fachübersetzerin in Belgrad in der Sprachrichtung Deutsch-Serbisch in den Bereichen Zivilrecht und Life Science (Arztberichte, Arzneimittel)
#3 Bei jedem Neukund*innen einen höheren Zeilenpreis ansetzen
“Ich tue mich schwer damit, meine Preise bei Bestandskund*innen zu erhöhen, obwohl – oder vielleicht gerade weil – ich zu den meisten ein fast schon freundschaftliches Verhältnis habe. Rational könnte ich eine Preiserhöhung sicher begründen: gestiegene Lebenshaltungskosten, wachsende Berufserfahrung und dadurch höhere Qualität und so weiter. Trotzdem fällt es mir schwer, diesen Schritt zu gehen. Und doch hat sich mein durchschnittlicher Zeilenpreis für Übersetzungen in den letzten zehn Jahren verdoppelt.
Als ich anfing, noch im Studium, waren meine Kunden fast ausschließlich Agenturen mit sehr niedrigen Zeilenpreisen. Bei jedem neuen Kunden, den ich gewann (zumeist über Mundpropaganda), setzte ich den Preis etwas höher an, denn ich gewann ja tatsächlich mit jedem neuen Kunden an Erfahrung. So kann ich heute denselben Umsatz mit deutlich geringerem Auftragsvolumen erzielen, was wiederum dem Kunden zugute kommt, denn ich habe mehr Zeit und kann auf höchste Qualität statt auf Quantität setzen. Meine Auftraggeber*innen sind zufrieden. Und ich bin es als Übersetzerin auch.”
Uta Stareprawo, Diplom-Übersetzerin in Radebeul bei Dresden in den Sprachrichtungen Französisch-Deutsch und Englisch-Deutsch, Spezialgebiete: Jura (insbesondere Verträge) und Windenergie
#4 Als Übersetzer*in nicht wie das Kaninchen vor der Schlange sitzen
Eine Preiserhöhung bei Direktkund*innen geht zwar nicht unbedingt beim ersten Versuch durch, aber steter Tropfen höhlt den Stein und zu einem späteren Zeitpunkt klappt es dann meist.
Parallel muss man sich natürlich überlegen: Auf welchen Kunden kann oder will ich in Zukunft als Übersetzer*in verzichten? Welcher Kunde*innenkreis könnte die entstandene Lücke ausgleichen? Oder habe ich die Nerven, jetzt erst einmal bewusst ein Vakuum entstehen zu lassen und zu sehen, was kommt?”
Karin Heese, beeidigte Dolmetscherin und Übersetzerin für die französische Sprache mit Spezialisierung auf Recht und Marketing, München
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