Hast du schon deine Nische gefunden oder suchst du noch? Freelance-Texter*innen, die sich auf einen oder wenige Bereiche konzentrieren, werden nicht nur schneller bekannt und müssen weniger Akquise betreiben. Spezialisierte Texter*innen können auch höhere Tarife veranschlagen und sich besser auf dem Markt positionieren. Kund*innen schätzen ihre Expertise und ihr Wissen, das sie bei Generalist*innen nicht antreffen.
Doch wie findet man als freiberuflicher Texter*in seine Spezialisierung?
9 Freelance-Texter*innen mit ihren Nischen
#1 Andrea: Texte in Leichter und Einfacher Sprache für Erinnerungskultur und Tourismus
Bei mir, Andrea von Côté Langues, hat es mit der Spezialisierung zugegebenermaßen etwas gedauert. Dabei lag sie eigentlich auf der Hand: Erinnerungskultur und Tourismus.
Gereist bin ich schon immer gern, vor allem durch Frankreich und Deutschland. Mal mit dem Kanu, mal mit dem Auto, dem Wohnwagen oder der Bahn. In Afrika auch per Stopp. Mal luxuriös, mal sehr einfach. Geplant und begleitet habe ich etwa 20 Gruppenreisen und 16 Jahre meines Lebens im Ausland verbracht. Was läge da näher, als auch im Bereich Tourismus zu schreiben und Reisetexte sowie Destinationsbeschreibungen zu verfassen?
Zu meiner zweiten Texter-Nische, der Erinnerungskultur, habe ich aufgrund der Geschichte meiner Großeltern gefunden, die während des Nationalsozialismus im Widerstand aktiv waren. Für NS-Gedenkstätten und andere Erinnerungsorte erstelle ich Texte in Leichter und Einfacher Sprache: Blogartikel, Ausstellungstexte, Vorlagen für Audioguides …
Da aller guten Dinge drei sind, bin ich als ausgebildete Entspannungstrainerin auch im Gesundheitsbereich unterwegs. Auch auf diesem Gebiet schreibe ich im Wesentlichen Blogartikel: zu chronischen Krankheiten, Entspannungsmethoden … Zwischen 2014 und 2018 habe ich für ein großes Gesundheitsforum sowie für vier Onlineshops mit Medizintechnik, Yoga- und Physiobedarf etwa 20 Stunden pro Woche getextet. Nicht nur Artikel, sondern auch Produktbeschreibungen und Texte für Amazon.
In meinen drei Gebieten arbeite ich fertige ich auch Übersetzungen aus dem Französischen (und teils aus dem Englischen) an, zum Beispiel von Reiseführern. Zusätzlich bin ich in Leichter Sprache auf das Texten von Wahlprogrammen für das linke Spektrum spezialisiert.
Interessiert hat mich, in welchen Nischen Kolleg*innen so unterwegs sind und wie sie zu diesen Nischen gekommen sind. Acht davon stelle ich euch im Rahmen dieses Artikels vor.
#2 Manuela: die Texterin mit dem grünen Daumen
Manuela Hensels Leidenschaft galt schon immer der Gartenarbeit und Gartengestaltung: “Eine besonders innige Beziehung zur Natur hatte ich schon als Kind.”
Und so berät Manuela als eine der Vorreiter*innen des urbanen Gardening seit 2013 nicht nur Kund*innen bei der Planung und Gestaltung von Gärten, sondern bringt ihre grüne Seele auch als freie Texterin und Autorin zum Ausdruck.
Dabei bietet sie ihren Kund*innen jedoch nicht nur Newsletter, Artikel, Gedichte, Geschichten und anderen Content rund um den Kraftort Garten sowie zu Kräutern und Natur.
Als Fotografin sorgt sie auch für Bildmomente und verfügt derzeit über 4000 Garten- und Pflanzenmotive sowie Fotos aus der Kräuterheilkunde. Ihr Himmelsdachgarten Artemisia im unterfränkischen Veitshöchheim zählt zu den schönsten Privatgärten Deutschlands und wurde sogar schon im MDR vorgestellt.
“30 Jahre Empathie und Fachwissen für die Kernkompetenz meiner Kund*innen führten mich in die grüne und ganzheitliche Nische. Neben dem Design als Werbegrafikerin übernehme ich die inhaltliche Verantwortung und schreibe für Coaches, Lebensberater*innen und Therapeut*innen sowie Kräuter- und Gartenmenschen und alle, die spirituell leben und arbeiten. Da ich meinen Kund*innen mit Offenheit und Verständnis begegne, fühlen sie sich gut aufgehoben. Gegenseitiges Vertrauen ist die Basis langjähriger Kundenkontakte, oft auf Empfehlung, Netzwerken oder der direkten Suche im Netz nach der Besonderheit meiner Themen.”
#3 Bernhard: der Mann mit der Gitarre
Der Schwerpunkt von Musikjournalist und Gitarrist Bernhard Galler sind Texte über Gitarren und periphere Themen. Zu buchen ist der langjährige Musiker für Produktbeschreibungen, Broschüren, Pressemitteilungen, Gebrauchsanweisungen, Katalog- und Webtexte. Ferner fertigt er Testberichte an, führt Interviews und schreibt Konzertkritiken, z. B. für die Abendzeitung München oder Fidelity.
Lust auf noch mehr Musik? Mit Bernhard kann man auch lernen, selbst Hand an die Gitarre zu legen. Übrigens auch ohne Noten.
“Ich bin seit 35 Jahren dabei im Gitarrenzirkus. Ich spiele, unterrichte, gebe Workshops, arbeite in der Instrumentenbranche. Aber auch das Schreiben ging mir schon immer leicht von der Hand. Da ist es naheliegend, das auch für musikalische Themen zu machen (Tests, Konzertkritiken, CD-Rezis, Reportagen). Andere Themen kann und möchte ich nicht bedienen, da ich mich nicht als bloßen Lohnschreiber sehe. Dafür ist mir das Schreiben zu kostbar.”
#4 Nick: der schreibende Witzbold aus Technik und IT
Nick Gretzinger bezeichnet sich selbst als der Witzbold unter den freiberuflichen Texter*innen. “Meine Leidenschaft ist Comedy/Unterhaltung.” Gestärkt durch Lebkuchen, die er im schönen Nürnberg ganzjährig futtern kann, kreiert der Spaßvogel satirische Nachrichten, pointierte Inhalte, humorvolle Reden, Gags & Comedy sowie Texte für Flyer und Plakate. Sein Ziel: Menschen mit bissiger Satire und unerwarteten Pointen zum Lachen bringen. “Lachen ist das schönste Feedback für eine Arbeit.”
Gebucht wird Nick von Kunden aus dem gesamten DACH-Raum. Weil’s im Leben nicht immer nur lustig zugeht, ist der Texter, der an der Technischen Hochschule Nürnberg Technikjournalismus studiert hat, auch für ernstere Themen in den Bereichen Technik und IT zu haben.
“Mein Herz schlug schon immer für alles, was mit Witz und Unterhaltung zu tun hatte. Deswegen probiere ich seit einiger Zeit, verstärkt bei Comedy- oder Satire-Formaten Fuß zu fassen. Heute Show, extra3, Titanic, Neo Magazin Royale oder Postillon sind die prominentesten Beispiele, haben aber natürlich ihre festen Autor*innen und veröffentlichen daher nur das beste ‘externe’ Material. Ich bin darüber hinaus immer offen für die Konzeption von Funk- und Fernsehspots oder allgemein Marketingkampagnen, bei denen die Komponente Humor als ideales Kommunikationsmittel gesehen wird.“
#5 Denise: tierisch gute Texte
Wuff, wuff! Freie Texterin Denise Avellan mag es gern tierisch. Als Tierliebhaberin schreibt die Brandenburgerin, die mittlerweile in Rostock zu Hause ist, ausschließlich über Tierbedarf, Tierpflege und Tierzubehör. Tierischen Content liefert Denise an Kunden in ganz Deutschland.
Begeistert ist sie von Fellpfoten & Co schon, solange sie denken kann. Ihr erstes Haustier, einen Hund, bekam sie im Alter von 6 Jahren. Während andere Mädchen in Prinzessinnen-Büchern schmökerten, hatten es Denise schon immer Tierfilme, Tierlexika usw. angetan. Ob für einen solchen Tierfreak jemals eine andere Nische in Frage kam?
“In meiner Anfangsphase als Texterin war ich zunächst unspezialisiert und habe Erfahrungen in allen Themenbereichen gesammelt. Das erfüllte mich jedoch nicht und ich hatte auch nicht das Gefühl, meinen Kund*innen dadurch ein optimales Ergebnis liefern zu können.
Als ich mich spezialisiert habe, war von Anfang an klar, dass es die Tierbranche werden würde, weil ich einfach schon von klein auf großes Interesse und Leidenschaft für die Tierwelt zeigte. Mit der Tierbranche kann ich als Expertin meinen Kunden den größtmöglichen Mehrwert ermöglichen und meine Leidenschaft vollends ausleben.”
#6 Carolin: Analperlen, Dildos und Dominas
Als Sextexterin schreibt Carolin Kresse seit 2013 Erotik-Content und Texte rund um Sex. “Irgendetwas mit Sex wollte ich schon immer machen.” Und so lautete die Abschlussarbeit der kellnernden Soziologiestudentin dann auch Sexarbeit im soziologischen Diskurs.
Was sie genau im Bereich Sex machen wollte, war Carolin zunächst nicht klar. Zur Debatte standen unter anderem Sexualtherapeutin und Forscherin.
Um sich ein paar Groschen – äh Euros – zu verdienen, legte sie sich schließlich auf einer Online-Plattform für Texter*innen ein Profil zu und schrieb zunächst über alles Mögliche, bis sie merkte, dass ihr sexy Content am besten liegt. Seither textet die Delmenhorsterin für Escort-Ladies, Sexratgeber und Unternehmensblogs. Tabuthemen kennt sie dabei nicht, betont aber, dass ihr auch Romantik und verliebte Zweisamkeit liegen.
“Ich liebe Sex. Also, rein persönlich und praktisch, aber auch theoretisch. Im Studium war mein Lieblingsfach die ‘Soziologie der Zweierbeziehung’. Für mein Studienpraktikum bin ich in ein Tantrastudio gestolpert. Dort habe ich nicht nur gelernt, wie man Vaginamodelle aus Silikon gießt, sondern auch, wie man Erotikthemen in schöne Texte verpackt. Und seitdem mache ich genau das.”
#7 Anne-Theresia: die Schneiderin unter den Texter*innen
Die Spezialisierungen von Anne-Theresia Wanders sind Mode, Modedesign und insbesondere kreative Schnittgestaltung, Couture-Techniken und Nähen. “Ich habe eine Schneiderausbildung und ein Modedesign-Diplom und schreibe mit Fachwissen, aber dennoch verständlich.”
Über Agenturen schreibt die Texterin zum Beispiel für Nähzeitschriften, Gewandmeister*innen, Onlineboutiquen und Modedesigner*innen. Auf Englisch und Deutsch.
“Einfühlungsvermögen, Kreativität und analytisches Denken nutzen mir an der Schneiderbüste genauso wie an der Tastatur. Mit Fachwissen, Lust an der Recherche und meinem Händchen für persönliche und informative Texte hat meine Nische eher mich gefunden.
Nach der Schneiderausbildung und dem Modedesign-Studium habe ich mit meiner Diplomarbeit über “Slow Fashion” einen Schreibwettbewerb gewonnen. So kam ich zum Journalismus, Werbetexten und Übersetzen, aber auch zur Lehre. Mit meinen gestalterischen Fähigkeiten habe ich in Londoner Ateliers genäht und Modelle drapiert und parallel auch geschrieben und übersetzt. Für mich ergänzen sich beide Bereiche. Das Schreiben begleitet mein Leben schon länger als die Mode und es ist klar, dass ich das eine nie für das andere aufgeben möchte.”
#8 Martina: Texte für große und kleine Früchtchen
Wortfrüchtchen Martina Pyk wiederum ist in Kinder- und Familienthemen zuhause. Im baden-württembergischen Waiblingen entwickelt sie seit 2016 Webcontent, Slogans, Comictexte, Bildergeschichten und schreibt Beiträge für Ratgeber, Aktivitätenhefte und Zeitschriften.
Mit ihrem Studium der Germanistik und der Skandinavistik kann die Texterin u. a. auf eine Beschäftigung in mehreren Verlagen zurückblicken, wo sie zum Beispiel die Marke Prinzessin Lillifee betreute. Selbstständig machte sie sich vor allem, um nach der Geburt ihrer Zwillinge Berufs- und Familienleben besser vereinbaren zu können.
#9 Daniela: die Redenschreiberin
Texterin Daniela Schulz ist mit ihrem Reden-Atelier auf Reden, Vorträge und Präsentationen spezialisiert. “Ich texte v. a. Grußworte für Politiker, aber auch Reden für Hochzeiten und Betriebsfeste.” Bereits seit fünf Jahren verfasst die Hamburgerin Redetexte für hochrangige Repräsentanten öffentlicher Institutionen. Themen sind vor allem Nachhaltigkeit und internationale Beziehungen. Auch kann man Daniela als Ausstellungsrednerin buchen.
“Bei jeder Rede erfahre ich etwas Neues, denn ich beschäftige mich bei jeder Rede mit einem neuen Thema oder mit einem neuen Ansatz des jeweils gleichen Themas. Dies ist bei Stammkunden schon mal der Fall. Wenn ich beispielsweise die jeweilige Rede für einen bestimmten wiederkehrenden Jahrestag schreibe, dann wiederholt sich zwar der Anlass, dennoch suche ich dann immer nach aktuellen Ereignissen, Aufhängern, damit der Redeneinstieg und auch der Inhalt möglichst interessant und neu werden. Anfang und Ende einer Rede sind ja bekanntlich das Wichtigste.
Die Menschen im Publikum möchten von dem*der Redner*in gut unterhalten werden und sie möchten etwas erfahren, was eine Bedeutung für sie selbst, ihr Leben oder ihr Business, ihren Beruf hat. Auf keinen Fall möchte das Publikum mit Floskeln und Phrasen bombardiert werden. Am liebsten schreibe ich deshalb unterhaltsame, gerne auch mit Humor gewürzte Reden, bei denen das Publikum etwas für sich mitnehmen kann.”
Und du? Hast du dich schon spezialisiert oder befindest du dich noch im “Bauchladen-Modus”?
Fotos: © Andrea Halbritter; Manuela Hensel; Nick Gretzinger; Laura Korpal; Carolin Kresse; Claire Williams Photography; Andrea Lang/fotografiehamburg.de
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