Arbeiten und reisen … Für viele ein Traum, für andere eine Realität. Für mich etwa 4 Monate im Jahr Wirklichkeit. Von daher bezeichne ich mich gern als digitale Teilzeitnomadin.
Der Einladung von Christin alias Frau Wanderlust, an ihrer Blogparade zum Thema Arbeiten und reisen teilzunehmen, komme ich daher gerne nach.
In diesem Artikel erfahrt ihr
– wie ich Geld verdienen und reisen miteinander verknüpfe;
– wo mich meine Reisen hinführen;
– wo ich mein Hauptquartier aufgeschlagen habe;
– wie ich das mit meiner Noch-nicht-Teenager-Tochter bewerkstellige.
Arbeiten und reisen: wie ich Geld verdienen und Reisen miteinander verknüpfe
Mein Leben davor
Du hast wie Millionen Deutsche einen Job als Angestellte bzw. Angestellter und träumst davon, von unterwegs zu arbeiten? Nun, so ging es mir in etwa 20 Jahre lang auch. Bevor ich mich 2013 selbstständig gemacht habe, war ich nämlich fast 15 Jahre in Deutschland im Schuldienst.
Böse Zungen mögen jetzt vielleicht denken: “Na, als Lehrer hat man ja auch ziemlich viel Ferien.” Zum einen stimmt das nicht ganz: Man hat viel unterrichtsfreie Zeit, aber in dieser Zeit ist man durchaus mit Vorbereitungen und Korrekturen beschäftigt.
Vor allem wenn man sich wie ich zwei Hauptfächer, nämlich Deutsch und Französisch, angetan hat und das auch noch im Wesentlichen am Gymnasium.
Hinzu kommt außerdem, dass man unterrichtsfrei hat, wenn fast alle Urlaub haben, sprich: Man darf meist ziemlich stark in den Geldbeutel greifen, wenn man verreisen will. Außerdem reichten mir Ortsveränderungen von maximal sechs Wochen am Stück nicht.
Erste längere Reisen
Als ich 2010 während meiner Elternzeit drei Monate unterwegs war, war für mich klar, dass ich dies unbedingt wiederholen musste. So ließ ich mich 2012 für ein Jahr beurlauben und machte mich samt Kind und ohne Mann (den gab es schon vorher nicht, meine Tochter hat aber trotzdem nicht der Storch gebracht) nach Frankreich auf. Mehr zu meiner dreimonatigen Tour 2010 erfährst du in dem Artikel Reisetexter: mein erster Urlaub mit Kind.
Obwohl ich 2012 eigentlich eine noch größere Tour de France geplant hatte, blieb ich dann doch erst in Nantes hängen. Nach einigen Wochen vor Ort hatte man mir dort nämlich angeboten, die deutsche Abteilung einer Gesamtschule aufzubauen. Eine Herausforderung, der ich mich gerne stellte. Daraus wurden dann erst einmal zwei Jahre. Immer noch im Angestelltenverhältnis. Eingesetzt an mehreren Schulen.
Der Beginn meines Freiberuflerdaseins
Gleichzeitig hatte ich schlagartig und ohne es darauf angelegt zu haben, zwei Großkunden für Übersetzungen. Mein Freiberuflerdasein hatte begonnen! Und ich fand ziemlich schnell Gefallen daran.
Anfangs pendelte ich zwischen zwei Wohnungen hin und her. Einer in Augsburg und einer in Westfrankreich. Dies wurde mir aber ziemlich schnell zu kompliziert und v. a. auch zu teuer.
Aufgabe meiner Wohnung in Deutschland
Ich beschloss, meine Wohnung in Deutschland aufzugeben. Ein Drittel meines Hausstands ging ins Sozialkaufhaus. Ein Drittel wurde günstig verkauft oder verschenkt. Und ein weiteres Drittel ohne Kosten zu verursachen eingelagert.
In Frankreich suchte ich mir ein kleines, möbliertes Haus am Meer. Die Wahl fiel dabei auf Pornichet in der Südbretagne. Am Atlantik zu wohnen war schon immer mein Traum gewesen!
Meine Tochter schulte ich vor Ort ein. Ab sofort hatten wir mindestens acht Wochen Sommerferien. Außerdem pünktlich alle sechs Wochen zwei Wochen schulfrei. Genügend Zeit, um unser Hauptquartier in Pornichet regelmäßig zu verlassen. Genügend Zeit, um etwa vier Monate im Jahr unterwegs zu sein.
Mein Leben als digitale Teilzeitnomadin: was ich so arbeite
Natürlich kann ich während dieser vier Monate keine Däumchen drehen, rund um die Uhr Sonnenuntergänge beobachten oder auf Bali meditieren. Auch wenn ich mir unterwegs einiges anschaue, muss ich doch arbeiten.
Mein Business hat sich im Laufe der Zeit entwickelt und verändert. Während ich anfangs nur Reiseführer sowie Artikel für eine Gourmetzeitschrift vom Französischen ins Deutsche übersetzte, biete ich jetzt eine ganze Palette an Leistungen an:
- Auf Gebieten, in denen ich mich gut auskenne, übersetze ich immer noch ganz persönlich vom Französischen ins Deutsche. Zu Tourismus und Kulinarik nun schon seit mehreren Jahren auch in den Bereichen Wein, Fassbau, Gesundheit, Erinnerungskultur, Food und Spiele.
- Hinzugekommen ist ferner eine weitere Sprache. Heißt: Reiseführer übersetze ich nun auch aus dem Englischen.
- Außerdem korrigiere ich wieder. Keine Schulaufsätze mehr, sondern Sachbücher, wissenschaftliche Arbeiten und Kochbücher. Und zwar als Korrektorin und Lektorin. So ganz kann man halt doch nicht aus seiner Haut!
- Daneben habe ich mich kräftig weitergebildet. Seit ein paar Jahren arbeite ich auch als Texterin. Im Wesentlichen verfasse ich Blogartikel und Produktbeschreibungen.
- Ganz neu biete ich außerdem Übersetzungen in Leichte Sprache und in Einfache Sprache an.
- Daneben betreibe ich seit 2015 eine kleine Übersetzungsagentur. Heißt: Ich arbeite mit Digitalnomaden (und Sesshaften) anderer Muttersprache zusammen, die sich ihre Semmeln, Croissants, Reisschalen oder was auch immer ebenfalls als Profi-Übersetzer verdienen. Meinen Kunden kann ich daher derzeit Übersetzungen in neun Sprachen anbieten. Auf ziemlich vielen Gebieten.
Vielleicht meinen jetzt einige von euch: “Coole Idee! Das mache ich jetzt auch.” Nein, so einfach ist das Ganze nicht. Nicht jeder Muttersprachler kann als Übersetzer oder Texter arbeiten. Dazu braucht man ganz bestimmte Fähigkeiten und Kenntnisse. Außerdem sollte man bestimmte Tools beherrschen. Einfach nur Muttersprachler sein und im Deutschabi keine Vier gehabt zu haben, reicht nicht aus.
Für Korrektoren übrigens auch nicht … Aber damit will ich euch jetzt wirklich nicht langweilen, ihr wollt ja v. a. etwas über mein digitales Nomadentum erfahren.
Arbeiten und reisen: wann ich als Übersetzerin unterwegs bin
Mit einem Schulkind bin ich natürlich nach wie vor von den Schulferien abhängig. Allerdings sind die in Frankreich im Sommer wesentlich länger als in Deutschland. Ein Grundschulkind hat ganze zwei Monate frei und auch sonst sehr, sehr regelmäßig Ferien.
Im Sommer ergreifen wir also meist für zwei Monate die “Flucht”. Heißt: Sobald die ersten Touristen in unserem Seebad eintreffen, sind unsere Koffer gepackt und es geht “on tour”.
In der Regel zieht es uns dabei nach Deutschland. Schließlich soll meine Tochter zweisprachig aufwachsen und auch ich muss etwas für mein Deutsch tun. Seine Muttersprache kann man nämlich durchaus verlieren oder aber man produziert im Laufe der Zeit immer mehr Interferenzen. Nicht gut fürs Business! Und auch nicht für die eigene Identität.
Meist sind wir im Sommer einen Monat in unserer alten Heimat Augsburg. Den anderen Monat machen wir uns auf, quer durch die Republik Neues kennenzulernen. Dabei bleiben wir mindestens eine Woche an einem Ort. Die letzten Jahre standen Baden-Württemberg, Hessen, Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und andere Gegenden Bayerns auf dem Programm: insbesondere das Allgäu und Franken.
Während andere von einem Sonnenuntergang in der Karibik oder einer Safari in Afrika träumen, lerne ich also mein eigenes Land kennen.
Konkret heißt das in der Regel: Ich arbeite pro Woche 20 bis 30 Stunden. Je nach Auftragslage. Dabei bin ich am Übersetzen, Texten, Korrigieren … Außerdem betreibe ich vor Ort Akquise und Networking. Schließlich befinden sich nicht wenige meiner Kund*innen in Deutschland.
Zu den zwei Monaten im Sommer kommt auch eine Reise im Winter. Schließlich wollen wir ja auch ab und zu Schnee sehen. Das habe ich quasi in den Genen und meine Tochter auch, selbst wenn sie insgesamt nur knappe drei Jahre in Bayern verbracht hat und das Klima immer wärmer wird. Also geht es im Februar noch einmal für zwei Wochen nach Deutschland. Irgendwohin wo dann Schnee liegt. So möglich jedenfalls. 2019 waren wir in Berlin und Potsdam. Ohne weiße Pracht. War aber trotzdem schön!
Zusätzlich genehmige ich mir jährlich eine zwei- bis vierwöchige Auszeit, in der ich ohne Anhang unterwegs bin. Mal im Herbst, mal im Frühjahr. Die verknüpfe ich dann meist mit einer Fortbildung irgendwo. Zum Beispiel mit der Sommeruni Ravensbrück, einem internationalen Übersetzermeeting, einer Schulung oder auch einem Dolmetschauftrag.
Seltener sind wir auch einmal eine oder zwei Wochen in Frankreich unterwegs. Gerne im Departement Lot oder noch etwas weiter südlich. In die französischen Alpen zog es uns aber auch schon.
Als Übersetzerin und Texterin unterwegs: wie ich das mit Kind bewerkstellige
Meine Tochter begleitet mich oft, aber nicht immer. Sie verbringt auch Zeit bei ihrem Vater, bei den Großeltern. Meist muss ich aber selbst für ihre Betreuung sorgen. Mittlerweile weiß ich auch, wo ich sie günstig für ein oder zwei Wochen mit deutschen Kids auf ein Zeltlager schicken kann.
Außerdem habe ich im Laufe meines Digitalnomadentums deutsche Gemeinden und Privatinitiativen gefunden, bei denen ich sie untertags günstig betreuen lassen kann. Bevor es am frühen Abend dann gemeinsam ins Freibad geht!
Im ersten Halbjahr 2019 war ich sogar jeden Monat mindestens eine Woche unterwegs. Eine Rabenmutter? Mag sein … Unser Haus in Pornichet ist weiß Gott nicht komfortabel und winzig klein, aber nur zehn Fußminuten vom Strand entfernt. An potenziellen Tochtersittern fehlt es in meinem Bekannten- und Verwandtenkreis also nicht unbedingt.
Nächstes Jahr kommt meine Tochter ins Collège. Die Sommerferien verlängern sich dadurch wahrscheinlich um zwei Wochen. In den Jahren, in denen ihre Schule für die französische Mittlere Reife Prüfungszentrum ist, um vier Wochen. Damit wären wir dann bei drei freien Sommermonaten. Darauf freue ich mich schon!
Fotos: © Andrea Halbritter
Dieser Artikel ist Teil der Blogparade “Arbeiten und reisen” von Frau Wanderlust. Teilnehmen kannst du an der Parade noch bis 15. März 2020.
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