Leichte-Sprache-Texte müssen bebildert werden und das ist gar nicht so einfach! Jeden ersten Freitag im Monat heißt es daher ab 15 Uhr: Treffpunkt Leichte Bilder mit Simone Fass, Insa Krey, Nadja Epperlein und den Prüfer*innen für Leichte Sprache Elke, René und Robert. Wer an dem Online-Treffen teilnimmt, hört regelmäßig Sätze, wie “Was siehst du als erstes?”, “Beschreib doch mal das Bild!”, “Wer ist für dich die wichtigste Person?” Du bist Übersetzer*in für Leichte Sprache, Zeichner*in oder Grafiker*in und kennst den Treffpunkt Leichte Bilder noch nicht? Dann ist dieser Artikel wie gemacht für dich! In einem Interview mit Simone und Insa stelle ich dir den Treffpunkt Leichte Bilder vor. Als Leichte-Sprache-Texterin und -Übersetzerin nehme ich daran regelmäßig teil.
Der Treffpunkt Leichte Bilder: ein Interview mit Simone Fass und Insa Krey
Seit wann gibt es den Treffpunkt Leichte Bilder? Wie hattet ihr die Idee?
Simone Fass:
Den Treffpunkt Leichte Bilder gibt es seit Januar 2022. Entstanden ist er, weil ich gemerkt habe, wie sehr mir das Prüfen hilft, um leicht verständliche Illustrationen zu gestalten. Ich habe gemerkt: Je früher man die Bilder prüft, desto weniger Korrekturen gibt es am Ende. Ich kann mich einfach so am besten einfühlen in die Bedürfnisse der zukünftigen Nutzer*innen und ein Gefühl dafür bekommen, welche visuelle Sprache angebracht ist. Die Prüfung ist für mich ein unschlagbarer Qualitäts-Check. Man versetzt sich in die Lage der zukünftigen Nutzer*innen. Es ist klar, dass gute Gebrauchsgrafik die Rückmeldung von ihren Nutzer*innen braucht. Ich möchte, dass andere Grafiker*innen auch davon profitieren und so bessere Grafik machen, die für alle gut ist.
Ein anderer Grund für die Entstehung des Treffpunkts Leichte Bilder war, dass es bei vielen Grafiker*innen noch Hemmungen gibt, sich mit dem Thema der visuellen Barrierefreiheit zu beschäftigen. Dafür gibt es verschiedenen Gründe: Viele glauben zum Beispiel, dass man damit kein Geld verdienen kann, weil viele Auftraggeber*innen aus dem sozialen Sektor kommen. Oder sie fühlen sich durch die Regeln und Normen, die für Barrierefreiheit gelten in ihrer künstlerischen Freiheit eingeschränkt. Oder sie haben auch große Berührungsängste, mit Menschen mit Behinderung in Kontakt zu treten. Viele hatten noch keinen Kontakt mit Menschen mit Behinderung. Viele fühlen sich leider auch nicht direkt betroffen.
Außerdem hab ich gemerkt, dass es viele Sprachexpert*innen für Leichte und Einfache Sprache gibt, die gerne mehr ausprobieren möchten, was die Bilder angeht für ihre Übersetzungen. Aber neben dem Geld vom Aufraggeber*in fehlt ihnen auch das Wissen über gute Grafik. Wenn Übersetzer*innen mehr wissen haben darüber, was ein gutes Bild braucht, um besser verstanden zu werden, dann können leichter die passenden Bilder aus einer Bilderbank auswählen. Und sie können Grafiker*innen besser anleiten, wenn individuelle Illustrationen erstellt werden. Letztendlich ist das gut für die gesamte Qualität eines Projekts.
Was ist das Ziel des Treffpunkts Leichte Bilder?
Simone Fass:
Wir lassen Bilder aus der Infografik prüfen von Menschen mit Lernschwierigkeiten. Bilder, die im Alltag von den Menschen genutzt werden und die den Menschen dabei helfen, etwas Bestimmtes zu erreichen oder zu machen. Unsere Themen waren bisher: Piktogramme, Karten, Illustrationen, Sketchnotes, Diagramme. Logo, Farben/Farbblindheit, Erklärbild.
Das Ziel ist es, Grafiker*innen und Übersetzer*innen für Leichte Sprache zu sensibilisieren für eine empathische nutzerorientierte Arbeitsmethode. Der künstlerische Anspruch steht hinter dem Bedürfnis der Nutzer*innen. Infografiker*innen sollten sich trennen von diesem Anspruch. Das Ziel ist es, Grafiker*innen Mut zu machen, sich mit dem Thema und den Menschen auseinanderzusetzen. Und den barrierefreien Raum als neuen zu entdeckenden Spielraum zu verstehen. Der Spielraum hat noch nicht genug Spielende. Wir brauchen mehr kreative Köpfe, die sich darauf einlassen!
Zu guter Letzt ist das übergeordnete Ziel des Treffpunkts Leichte Bilder, mehr visuelle Vielfalt und Qualität in der Grafik für Leichte Sprache zu erreichen. Leichte Sprache verdient gute Bilder und gute Typografie!
Ist euch ein bestimmtes Meeting im Gedächtnis geblieben?
Simone Fass:
Mir sind vor allem die Themen in Erinnerung geblieben, die ich in meiner sonstigen Arbeit sonst nicht so viel oder noch nicht prüfe. Da gab’s einen besonders großen Lerneffekt. Damit meine ich die Sitzungen zu Diagrammen. Die fanden ganz am Anfang statt. Und die Sitzungen, in denen wir Layout geprüft haben: zum Beispiel Nutzungsordnung der Bibliothek Leipzig oder Sketchnotes zu einem Rezept. Andere Themen – zum Beispiel Piktogramme und Illustrationen – prüfe ich regelmäßig. Da gab‘s für mich weniger Überraschungen.
Insa Krey:
Ich finde jedes Treffen spannend und lerne etwas dazu. Manchmal denke ich im Vorfeld, dass bestimmte Bereiche schwierig sein könnten, doch bei der Prüfung gibt es dann gar keine Probleme. Oder aber die Prüfer*innen haben Verständnisschwierigkeiten, wo ich vorher gar keine gesehen habe.Schwierig wird es, wenn drei Prüfer*innen drei verschiedene Meinungen haben. Da muss dann jede*r für sich überlegen: Was nehme ich aus den Antworten für mich mit beziehungsweise was hilft mir weiter oder was ist mir in diesem Fall wichtig?
Wer kann am Treffpunkt Leichte Bilder teilnehmen und wie?
Simone Fass:
Der Treffpunkt Leichte Bilder richtet sich an Grafiker*innen, Visualisierer*innen und Übersetzer*innen für Leichte Sprache. Aber natürlich auch an alle, die sich für leichte Kommunikation interessieren. Zum Beispiel sind auch Menschen aus dem pädagogischen Bereich angesprochen.
Insa Krey:
Wir haben beide auf unseren Webseiten die Termine zum Treffpunkt Leichte Bilder stehen. Über die sozialen Netzwerke (meistens Instagram, LinkedIn und Twitter) teilen wir die Infos zum nächsten Termin (also Datum und Thema). Grundsätzlich gilt: Wir treffen uns immer am ersten Freitag im Monat. Die Anmeldung läuft über Simone (gerne per Mail) und der Unkostenbeitrag beträgt 5 Euro pro Meeting.
Warum sind Leichte Bilder so wichtig?
Simone Fass:
Leichte Bilder stehen für mich für eine nutzerorientierte grafische Arbeit. Im Alltag treffen wir auf viele Bilder, die uns bei der Bewältigung des Alltags helfen sollen, die dies aber aufgrund der mangelhaften Gestaltung nicht optimal tun. Deswegen stehen Leichte Bilder für mich nicht explizit „nur“ für Bilder für Leichte Sprache. Ich finde, dass alle, die sich mit Infografik beschäftigen, sensibilisiert werden sollten für diese empathische Arbeitsweise.
Insa Krey:
Ich finde grundsätzlich den Gedanken der Barrierefreiheit sehr wichtig – und das bezieht sich eben auch auf Bilder. Viele Grafiken schließen oder grenzen bestimmte Menschen aus. Wenn wir als Grafiker*innen die Möglichkeit haben, vielen Menschen durch unsere Zeichnungen die Teilhabe zu ermöglichen, dann ist das doch super wichtig und eine sehr erfüllende Aufgabe.
Was wünscht ihr euch für den Treffpunkt Leichte Bilder?
Simone Fass:
Wir suchen tatsächlich nach anderen regelmäßigen Mitorganisator*innen. Da können wir Unterstützung gebrauchen. Toll wäre, wenn wir uns in einem größeren Team abwechseln in der Durchführung der Meet-ups.
Wir arbeiten auch dran, den Pool an Prüfer*innen zu erweitern. Ich wünsche mir, dass mehr Prüferinnen auf uns aufmerksam werden.
Und dann ist da noch die schwierige Frage nach der Bezahlung der Prüfer*innen. Ein Grund, weswegen es so schwierig ist, neue Prüfer*innen zu finden, ist , dass sie nichts oder nur wenig dazu verdienen dürfen. Da muss sich etwas im System ändern, dass das einfacher wird!
Insa Krey:
Mein Aufruf an alle Grafiker*innen ist: Traut euch! Traut euch in diesen Arbeitsbereich hinein. Und wenn ihr schon Leichte-Sprache-Bilder zeichnet: Traut euch, eure Bilder zu teilen und diese gemeinsam mit uns anzugucken und zu prüfen. Jede Prüfung bietet für alle einen Mehrwert und Lerneffekt, der bei den nächsten eigenen Projekten wichtig sein kann und auch Sicherheit gibt.
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