Für bestimmte Leistungen berechnen Übersetzer*innen einen Aufpreis. Wenn du als Kund*in im Vorfeld weißt, um welche Arbeiten es sich hierbei handelt, lassen sich viele Zuschläge vermeiden und der Preis für deine Übersetzung fällt niedriger aus. Von 3 Sprachmittler*innen in meinem Umfeld wollte ich daher wissen: Wofür berechnest du als Übersetzer*in einen Zuschlag? Wie hoch fällt dieser Zuschlag aus? Und natürlich verrate ich dir auch, welche Leistungen den Preis meiner Übersetzung erhöhen.
Leistungen, für die Übersetzer*innen einen Zuschlag verlangen
#1 Zuschlag für die Übersetzung von PDF-Dateien
Als freiberufliche Übersetzerin erhalte ich von Kund*innen regelmäßig Dokumente in den Formaten Word, Excel und PowerPoint. Ab und zu sind auch PDF-Dateien dabei. Auftraggeber*innen wissen nur selten, dass PDF-Dateien nicht sofort zur Übersetzung benutzt werden können. Als Übersetzerin benötige ich Zeit, um PDF-Dateien in Word umzuwandeln.
Natürlich gibt es dafür Software. Viele vermuten, dass die Umwandlung einer Datei damit in zwei Minuten erledigt ist. Dies trifft aber nur auf reine Textdokumente zu. Oft handelt es sich jedoch nicht nur um Texte, sondern um eine Mischung aus Text, Titeln, Bildern und grafischen Darstellungen. Der übersetzte Text soll wie das Originaldokument aussehen. Bei der Umwandlung einer PDF-Datei in Word werden manche Arten von “Zeichen” nicht erkannt. Texte oder Tabellen des zu übersetzenden Dokuments werden nicht unbedingt richtig umgewandelt. Zum Beispiel kann sein, dass ein Text als Bild umgewandelt wird und er in der Worddatei nicht als reiner Text erscheint.
Als Übersetzerin muss ich daher Seite für Seite kontrollieren, ob sämtliche Texte richtig erkannt wurden und wirklich noch alle Infos im Text stehen. Ist dies nicht der Fall, muss ich das Worddokument verändern. Wichtig ist auch, dass die Seitenbezeichnungen mit dem Original übereinstimmen, wenn ich mit meiner Übersetzung starte. Auch hier muss ich also gegebenenfalls Änderungen vornehmen. Die Umwandlung einer PDF-Datei in Word kann recht viel Zeit in Anspruch nehmen. Meine Preise für eine PDF-Übersetzung sind daher 15 Prozent bis 20 Prozent höher als für eine klassische Word-, Excel- oder PowerPoint-Übersetzung. Von Zuschlag rede ich dabei nicht. Die Übersetzung ist teurer. Wie der Preis zustandekommt, führe ich in meinem Angebot detailliert auf.
#2 Aufpreis für die Übersetzung schlecht lesbarer Ausgangstexte
Ab und zu berechne ich als beeidigte Übersetzerin einen Zuschlag, weil die zu übersetzende Datei nur schwer lesbar ist. Einmal zum Beispiel sollte ich eine in Spitzschrift verfasste notarielle Urkunde übersetzen. Bei der Spitzschrift handelt es sich um eine alte gotische Schrift, die von der Verwaltung zu jener Zeit verwendet wurde, als die entsprechende Gegend noch deutsch war. In Deutschland ist Spitzschrift auch als Kurrent bekannt. Zwischen 1871 und 1918 war diese Schriftart im heutigen Département Moselle die Norm. Heute sind nur noch wenige Menschen in der Lage, diese besondere Kalligrafie zu lesen. Zum Glück kenne ich eine Person, die dazu in der Lage ist. Zur Übersetzung meiner Datei habe ich ihre Dienste in Anspruch genommen und dem Kunden einen Zuschlag berechnet.
Häufig erhalte ich auch Dokumente zum Übersetzen, bei denen Teile im Laufe der Zeit verblasst sind. Wenn dies Informationen betrifft, die für die Verwaltung oder Behörde, bei der die Übersetzung vorgelegt werden soll, wesentlich sind, und der Kunde nicht in der Lage ist, mir eine genaue Erklärung zu geben, ist es meine Pflicht als Übersetzerin, alle notwendigen Recherchen durchzuführen. Dabei kann es sich beispielsweise um eine online schwer auffindbare Adresse im tiefsten Indien handeln oder um eine Stadt, die während der Zeit der deutschen Teilung oder des Kalten Krieges einen bestimmten Namen trug und die heute anders heißt. Betreffen kann das zum Beispiel die Geburtsurkunden von Personen, die in der Ukraine oder in Polen geboren wurden. Manchmal führt das zu ziemlich aufwändigen Recherchen im Internet, die aber oft erfolgreich sind. All diese Recherchearbeiten für die Anfertigung der Übersetzung erfordern Zeit, die zusätzlich in Rechnung gestellt werden muss.
Weitere Leistungen, für die ich als beeidigte Übersetzerin einen Aufpreis verlange, sind zum Beispiel der postalische Versand von beglaubigten Übersetzungen oder ihre mehrfache Ausfertigung.
#3 Zuschlag für die Übersetzung von Eilaufträgen
Zuschlag? Wieso Zuschlag?
Weshalb sollte ein Kunde für denselben Text plötzlich draufzahlen? Schließlich wird doch dieselbe Arbeit verrichtet! Stimmt und stimmt nicht. Eine Übersetzung wird nicht so ohne Weiteres aus dem PC hervorgezaubert. Dazu bedarf es Ausbildung und jahrelanger Erfahrung. Je nach Schwierigkeitsgrad braucht ein*e Übersetzer*in länger oder kürzer für einen Text. Speisekarten lassen sich zum Beispiel leichter übersetzen als juristische Unterlagen. Ein Flüchtigkeitsfehler bei einer Speisekarte kann zwar zu leichten geschmacklichen Veränderungen führen, aber ein Mörder könnte aufgrund eines Flüchtigkeitsfehlers in einer Übersetzung freigelassen werden. Hätte der*die Übersetzer*in mehr Zeit gehabt, hätte er*sie sich besser konzentrieren können und dann wäre das nicht passiert! Brauchen Kund*innen ihren Text schneller, müssen Übersetzer*innen dieselbe verantwortungsvolle Arbeit in weniger Zeit verrichten. Das macht den Vorgang des Übersetzens nicht einfacher.
Vergleichen ließe sich diese Situation mit einer Bäckerei, wenn Bäcker*innen genau wissen, wie viele Brötchen sie in einer bestimmten Zeit backen können. Kommt nun Kundschaft, die innerhalb kürzester Zeit die doppelte Brötchenzahl bestellt, gerät der*die Bäcker*in ins Schwitzen. Das schafft er*sie nie allein! Er*sie wird weitere Personen beschäftigen müssen und/oder einen Teil der Arbeit an Kolleg*innen weiterleiten. Es entstehen mehr Kosten, für die die Kundschaft aufkommen muss. Wie Bäcker*innen beauftragen Übersetzer*innen manchmal andere Sprachmittler*innen. Und deshalb wird bei Eilaufträgen oft ein Zuschlag in Rechnung gestellt. Ich persönlich verlange für Eilaufträge einen Aufpreis von 10 Prozent.
#4 Übersetzungen an Wochenenden und Feiertagen kosten mehr
Ich, Andrea Halbritter, übersetze in den Bereichen Wein und Tourismus in den Sprachrichtungen Französisch-Deutsch und Englisch-Deutsch. Außerdem erstelle ich Texte in Leichter und Einfacher Sprache für Museen, NS-Gedenkstätten, politische Parteien und Ärzt*innen.
Aus familientechnischen Gründen vermeide ich es, an Wochenenden oder Feiertagen zu arbeiten. Die seltenen Male im Jahr, an denen ich doch einmal an einem Samstag, Sonntag oder Feiertag eine Übersetzung anfertigen muss, weil mein Kalender schon so voll ist, dass ich regelmäßige Kund*innen nicht zeitnah “versorgen” kann, verlange ich hierfür einen Zuschlag. Für Wochenend- oder Feiertagsarbeit berechne ich als Übersetzerin einen Aufpreis von 30 Prozent bis 50 Prozent. Wenn ich schon einen Teil meines Wochenendes opfere, dann muss sich dies auch lohnen! Ein derartiger Zuschlag ist noch relativ moderat. Ich kenne durchaus Kolleg*innen, die ihren Preis verdoppeln, wenn sie eine Übersetzung am Wochenende anfertigen müssen. Meine Erfahrung mit Wochenend- und Feiertagszuschlägen ist im Übrigen folgende: Wenn ich Auftraggeber*innen mitteile, dass sich der Preis für die Übersetzung erhöht, wenn ich dafür am Samstag oder Sonntag einen Bürotag einlegen muss, warten die meisten gerne zwei oder drei Wochen länger. Andere reservieren für das nächste Mal meine Zeit im Voraus. Und so arbeite ich pro Jahr an maximal drei Wochenenden.
Einen Aufpreis verlange ich außerdem für alles, was Mehrarbeit macht: die Übersetzung von Excel- und PowerPoint-Dateien, Zeichenbegrenzungen, Suchmaschinenoptimierung, zeitverschlingendes Layout … Im Bereich Leichte und Einfache Sprache fallen insbesondere dann Zuschläge an, wenn sich Kund*innen zur Illustrierung der Texte statt einer Bilddatenbank den Einsatz von Zeichner*innen wünschen oder das Layout von Grafiker*innen vorgenommen werden soll. Der Preis für die Prüfgruppe, die einen von mir in Leichter oder Einfacher Sprache auf Verständlichkeit durchgeht, erhöht sich bei mir mit der Zahl der Prüfer*innen. In Leichter und Einfacher Sprache biete ich immer eine Basicversion für kleine Budgets und einen “Rolls Royce” für größere Geldbeutel an.
Diese Artikel könnten dich auch interessieren: