In diesem Round-up wollte ich von meinen Übersetzerkolleg*innen wissen: Welche Taktik hast du als Übersetzer*in in Zeiten von KI?
KI revolutioniert den Übersetzungsmarkt. Die Werbekampagnen für durch KI erstellte Übersetzungen laufen auf Hochtouren. Obwohl KI für „Künstliche Intelligenz“ steht, sucht man Intelligenz bei KI vergeblich. KI denkt nicht und KI versteht nicht: Anhand eines Algorithmus stellt KI beim Übersetzen Bezüge her, die auf Wahrscheinlichkeiten basieren. Dabei produziert KI Fehler, auch gravierende.
Welche Taktik hast du als Übersetzer*in in Zeiten von KI?
Auf Social Media berichten Sprachmittler*innen zunehmend: „Die Lage ist seit KI für Übersetzer*innen sehr düster geworden.“ „Der Markt für Übersetzungen ist stark im Wandel.“ „Ich bekomme nur noch Anfragen von Agenturen, die auf Post-Editing setzen. Der Aufwand ist oft groß. Bezahlt wird fast nichts.“
Insbesondere seit 2023 klagen Sprachdienstleister*innen über stark rückläufige Umsätze – sogar Kolleg*innen, die jahrzehntelang gut im Business waren. In Zeiten von maschinell erstellten Übersetzungen lautet die Taktik vieler Übersetzer*innen: Festanstellung oder Neuorientierung.
Von den Sprachmittler*innen in meinem Umfeld wollte ich wissen: Wie ist deine Taktik als Übersetzer*in in Zeiten von KI? Was ist deine Strategie, um trotz KI als Übersetzer*in ein gutes Einkommen zu erzielen?
#1 Übersetzer-Taktik Post-Editing, Kurse und eine eigene Engine
Übersetzerin Carola F. Berger lebt in den USA. Sie übersetzt in den Sprachrichtungen Englisch-Deutsch und Deutsch-Englisch. Spezialisiert ist die Freiberuflerin auf die Übersetzung von Patenten in den Bereichen Robotik, künstliche Intelligenz und Elektronik.
Eigene Übersetzungs-Engine in Zeiten von KI
Künstliche Intelligenz wird in den Medien als neues Weltwunder angepriesen. Meine Taktik als Übersetzerin in Zeiten von KI? Ich habe mich – wie schon mit anderen angeblichen Wundertechnologien – intensiv mit KI auseinandergesetzt. Meist sind diese Technologien eine enorme Hilfe. Menschliche Expertise ersetzen sie nicht. Auch die KI nimmt dem Menschen das Denken nicht ab. Ich habe meine eigenen neuronalen Netze sowie meine eigene maschinelle Übersetzungs-Engine programmiert. Und ich habe das Programmieren mit TensorFlow gelernt. (TensorFlow ist eine Plattform für KI und maschinelles Lernen.)
Übersetzer-Taktik Post-Editing und Kurse zu Post-Editing
Außerdem biete ich seit einigen Jahren das Post-Editing von maschinell übersetzten Texten an. Dazu habe ich als Übersetzerin einschlägige Kurse besucht. Seit einiger Zeit gebe ich selbst Kurse zu Post-Editing. Für die, die den Begriff noch nicht kennen: Post-Editing ist die Nachbearbeitung von maschinell übersetzten Texten. Post-Editing ist notwendig, um eine qualitativ annehmbare Übersetzung zu erhalten. Gerade bei wichtigen Texten wie Patenten ist eine umfassende menschliche Überarbeitung notwendig ist. Ich nehme aber nur Projekte an, bei denen Post-Editing im Vergleich zu einer menschlichen Übersetzung sinnvoll ist: sowohl von der Qualität der Übersetzung her, als auch im Hinblick auf mein Honorar.
Diese beiden Strategien haben in Zeiten von KI für mich als Übersetzerin Früchte getragen. Ich übersetze beziehungsweise post-editiere hauptsächlich Patente vom Deutschen ins Englische und vom Englischen ins Deutsche.
Humanübersetzung von Patenten für KI
Abgesehen von einem kurzfristigen Umsatzeinbruch zu Beginn dieses Jahres hat sich die KI nicht wesentlich auf mein Geschäft ausgewirkt. Im Gegenteil! Seit einiger Zeit bekomme ich vermehrt Anfragen nach einer reinen Humanübersetzung von Patenten für KI, große Sprachmodelle (LLMs) und dergleichen. Diese Anfragen kommen von den verschiedensten Endkunden und Agenturen.
Die expliziten Anfragen nach einer Humanübersetzung von Patenten in diesem Bereich (und nicht nach Post-Editing) sprechen für sich. Offensichtlich trauen Erfinder*innen ihren eigenen Erfindungen nicht zu, die Fachkenntnisse von Übersetzer*innen zu ersetzen. Trotz allem Hype …
#2 Strategie Premium-Kunden, starke Spezialisierung und Innovation
Andrea Halbritter fertigt in den Sprachrichtungen Französisch-Deutsch und Englisch-Deutsch vor allem Weinübersetzungen und Tourismusübersetzungen an. Außerdem schreibt die in Augsburg und der Bretagne lebende Freiberuflerin Texte in Leichter Sprache und Einfacher Sprache für Gedenkstätten, Museen und Gesundheitsbehörden.
6 Taktiken als Übersetzerin in Zeiten von KI
Meine Taktik als Übersetzer*in lautet in Zeiten von KI:
1. Spezialisierung
2. Premiumkunden
3. Sichtbarkeit
4. Sensibilisierung
5. Mehrwert und innovative Leistungen
6. Kundenbindung
Taktik Spezialisierung und Premium-Kunden
Meine Strategie Nummer 1: eine starke Spezialisierung in einem Bereich, in dem die Künstliche Intelligenz schlecht abschneidet.
Selbst wenn OpenAI bei Weinübersetzungen mit guten Prompts etwas bessere Ergebnisse erzielt als DeepL, sind diese doch weitgehend unbrauchbar beziehungsweise müssten so stark überarbeitet werden, dass sich eine maschinelle Übersetzung finanziell nicht lohnt. Mit Kreativität und Marketing tut sich die maschinelle Übersetzung schwer. Wie in einigen anderen Bereichen auch kann sie höchstens Mittelmaß liefern, ab und zu produziert sie auch kompletten Unfug.
Von der Qualität, die sich Kunden im Premium-Sektor wünschen, sind maschinell erstellte Übersetzungen im Weinbereich weit entfernt, egal für welche Engine sich der Kunde entscheidet. Ausnahme: eine Engine, die Übersetzer*innen selbst trainieren. Welche Qualität DeepL bei Weinübersetzungen liefert, kannst du in meinem Beitrag Wie gut sind Weinübersetzungen mit DeepL? nachlesen.
Taktik Sichtbarkeit als Übersetzer*in und Sensibilisierung
Damit Kunden mich finden, setze ich mit Strategie Nummer 2 auf maximale Sichtbarkeit. Ich bin auf Social Media sehr präsent und das Ranking meiner Website verbessert sich durch meinen Blog ständig. Die nötigen Kenntnisse in SEO (Suchmaschinenoptimierung) habe ich vor ein paar Jahren in einem Kurs erworben.
Strategie Nummer 3: Auf Social Media, insbesondere LinkedIn, sensibilisiere ich immer wieder in Sachen maschinelle Übersetzung. Ich bin der Meinung: Wir sollten Kunden noch viel konsequenter mit Beispielen aufklären.
Übersetzer-Strategien Diversifizierung, Mehrwert und Kundenbindung
Meine Strategie Nummer 4 in Zeiten von KI lautet: Diversifizierung, nicht nur auf EIN Standbein setzen. Parallel zu Übersetzungen aus dem Französischen und Englischen biete ich seit ein paar Jahren Texte in Leichter und Einfacher Sprache an. Inzwischen ist die Konkurrenz groß, erste Maschinen versprechen Leichte Sprache auf Knopfdruck.
Auch im Bereich der barrierefreien Kommunikation ist es daher nötig, sich stark zu spezialisieren und Mehrwert zu liefern. In Leichter Sprache texte ich hauptsächlich. Dies erspart dem Kunden Zeit. Er muss mir keine Vorlage liefern, die ich übersetzen soll. Weitere innovative Leistungen in Einfacher und Leichter Sprache sind in Arbeit – Strategie Nummer 5.
Bestandskunden zu halten ist einfacher als neue Kunden zu gewinnen. Strategie Nummer 6 für Übersetzer*innen in Zeiten von KI muss daher Kundenbindung heißen.
#3 Maßnahmen, um als Übersetzer*in Kunden in Zeiten von KI langfristig zu binden
Fachübersetzerin Susanne Schmidt-Wussow übersetzt in den Sprachrichtungen Japanisch-Deutsch, Englisch-Deutsch und Französisch-Deutsch. Spezialisiert ist die in Berlin lebende Freiberuflerin auf die Übersetzung von Sachbüchern sowie auf die Bereiche Medizin und Biologie.
Taktik in Zeiten von KI: Übersetzungskunden über MTPE aufklären
Neulich dachte ich, es wäre so weit: Ein langjähriger Direktkunde bat mich nicht um die Übersetzung neuer Texte wie sonst üblich, sondern um das Korrekturlesen einer KI-Übersetzung. Ich seufzte einmal sehr tief (es ist wirklich ein sehr netter und gut zahlender Kunde) und schrieb ihm eine lange E-Mail. In dieser erklärte ich ihm, was der Unterschied zwischen MTPE (Machine Translation Post Editing) und Korrekturlesen ist und warum ich MTPE grundsätzlich nicht anbiete.
Ich war mir fast sicher, dass ich den Kunden verloren hatte. Doch dann kam die überraschende Antwort: Man schätze meine Unterstützung sehr, und wenn es mir lieber sei, alles selbst zu übersetzen, könne ich das selbstverständlich gerne tun. Uff!
Für mich zeigt sich hier sehr deutlich, wie wichtig für Übersetzer*innen Aufklärungsarbeit und Pflege der Beziehung zu Bestandskunden sind.
Wer nicht den ganzen Tag mit Texten arbeitet wie wir, kann nicht einschätzen, was KI wirklich kann und was nicht. Was die KI-Anbieter versprechen, klingt ja auch zu verlockend. Wer würde nicht gern Zeit und Geld sparen als Unternehmen?
Übersetzungen gehören in die Hand von Fachleuten
Es liegt an uns, unserer Kundschaft verständlich zu machen, wie viel Wissen, Können und Assoziationsgeschick in einer guten Übersetzung stecken und wo und warum KI da irgendwann aussteigt. Und dass KI als Werkzeug eine sehr scharfe Axt ist, die unbedingt in die richtigen Hände gehört, wenn man damit keinen Schaden anrichten will. In die von Fachleuten wie uns nämlich.
Als Übersetzer*in in Zeiten von KI zu den Berater*innen von Bestandskunden werden
Unsere Position bei unseren Bestandskunden festigen wir am ehesten, wenn wir als Berater*innen wahrgenommen werden. Vielleicht gibt es im Unternehmen ja sogar Fälle, in denen sich KI tatsächlich nutzbringend einsetzen lässt?
Pflichttexte, wie AGB oder Datenschutzerklärungen, lassen sich zum Beispiel ohne viel Verlust mit KI-Hilfe vorübersetzen. Vielleicht reicht auch für Teile der internen Kommunikation die maschinelle Übersetzung aus, gerade wenn der Zeitfaktor eine Rolle spielt.
Nicht warten, bis die KI Sprachmittler*innen ersetzt
Weil wir die Abläufe unserer Stammkundschaft kennen und damit auch die neuralgischen Punkte, sollten wir nicht warten, bis die KI uns ersetzt. Vielmehr sollten wir proaktiv überlegen, wo nicht nur wir, sondern auch unsere Kunden von ihr profitieren können. Und was für unsere Positionierung noch wichtiger ist: wo eben nicht.
Das nämlich können weder unsere Kundschaft noch die KI-Anbieter unterscheiden. Dazu braucht es die Sprach- und Textexpertise von uns Übersetzer*innen.
#4 Strategie lebenslanges Lernen und neue Werkzeuge für Übersetzer*innen
Übersetzerin Heike Kurtz lebt und arbeitet bei Stuttgart. Die Freiberuflerin ist auf die Bereiche Wirtschaft, Finanzen und Recht spezialisiert. Sie übersetzt in den Sprachrichtungen Englisch-Deutsch und Französisch-Deutsch.
Als Übersetzerin keine Scheu vor neuen Werkzeugen
Meine Taktik in Zeiten von KI? Als Übersetzerin habe ich keine Scheu, neue KI-gestützte Tools in meinen Werkzeugkasten zu übernehmen. Ich habe ein DeepLPro- und ein ChatGPT-Konto und einen Vertrag mit einem Anbieter von Übersetzungsengines. In diesem Account kann ich meine eigenen, individuellen Engines trainieren. Bei Bedarf kann ich Übersetzer*innen, mit denen ich zusammenarbeite, oder meiner Kundschaft API-Schlüssel zur Verfügung stellen. Diese Engines werden in Europa gehostet. Nur ich beziehungsweise die von mir autorisierten Personen haben Zugriff. Es fließen also keine Daten an Konzerne in die USA und es werden keine anonymen Datenkraken mit vertraulichen Inhalten gefüttert.
Der Clou: Diese Engines kann man in CAT-Tools einbinden. Die Übersetzungsvorschläge werden als Vorschläge angezeigt. Sie sorgen für einen weiteren Effizienzschub, wenn ausreichend gutes Trainingsmaterial der betreffenden Firma zur Verfügung stand. Dieses Prinzip nennt man „Machine in the Loop“. Der Mensch erbringt die Leistung und nutzt die Maschine zur Unterstützung.
Effizienzgewinne gebe ich an meine Kundschaft weiter: Wenn sich Textteile wiederholen, weil ich Ähnliches bereits früher für diese Firma übersetzt habe, gibt es Rabatte. Post-Editing rechne ich nach Stunden ab.
In Zeiten von KI Werkzeugeinsatz als Übersetzer*in vom angestrebten Ziel her denken
Leider sind aktuell sehr viele KI-Gurus unterwegs, die der Welt weismachen wollen, dass diese neue Droge den Weg ins Nirwana weist: Man brauche „Humanübersetzer*innen“ nur noch als eine Art fünftes Stützrad am Wagen. Aber auch das sei bald überflüssig. Wenn ich sehe, was mir von Agenturseite an neuralen Maschinen-Vorübersetzungen vorgelegt wird, habe ich daran sehr starke Zweifel. Mir kommt es manchmal so vor, als ob gerade überall KI drin sein muss. Ganz egal, ob es im konkreten Fall sinnvoll ist oder nicht.
KI-Übersetzungen beruhen auf einer Wahrscheinlichkeitsrechnung
KI = Statistik, Wahrscheinlichkeitsrechnung. Keine Intelligenz, kein Weltwissen, keine fachliche Erfahrung, kein „Verstehen“.
Trainingsmaterial ist oft das gesamte Internet oder eine andere, viel zu große Einheit. Eine Engine „Finance“ (nutzt einer meiner Agenturkunden) ist beispielsweise viel zu unpräzise. Denn ob es sich um einen Jahresabschluss (HGB oder IFRS?), einen Nachhaltigkeitsbericht, ein KIID, einen Vertrag, einen Analystenbericht, Aktien-Research oder einen Emissionsprospekt handelt, das Vokabular und die Ausdrucksweise sind jeweils völlig anders. Bei Rechtstexten macht es einen großen Unterschied, ob man sich im Straf-, Zivil- oder Verwaltungsrecht, im Kontext einer EU-Verordnung oder in einem Kaufvertrag bewegt.
Für jedes dieser Fachgebiete eine eigene Engine zu trainieren, wäre sinnvoll. Es ist aber ein riesiger Aufwand. Er lohnt nur, wenn man wirklich viele Texte in dieser Sprachrichtung und diesem Bereich übersetzt. Ob sich der Aufwand gegenüber der Arbeit mit erfahrenen Fachübersetzer*innen tatsächlich rentiert, steht auf einem anderen Blatt.
Gemeinsam mit dem Kunden den individuellen Bedarf ermitteln
Deshalb bemühe ich mich darum, gemeinsam mit meiner Kundschaft zu ergründen, welche Vorgehensweise für den individuellen Bedarf am sinnvollsten ist. Ich versuche, die dafür effizienteste Lösung zu finden, die aber dennoch die bestmögliche Qualität liefert.
Das kann eine 100-Prozent-Humanübersetzung sein, eine schnelle Maschinenübersetzung mit Light Post-Editing oder eine eigens für diesen Kunden trainierte Übersetzungs-Engine.
Strategie lebenslanges Lernen
Meine neue Strategie als Übersetzerin in Zeiten von KI ist eigentlich ein alter Hut: lebenslanges Lernen, immer schön flexibel bleiben, der Kundschaft zuhören und die Arbeit an den tatsächlichen Bedürfnissen orientieren.
#5 Taktik Diversifizierung, Fortbildungen und geballtes Wissen
Dolmetscherin und Übersetzerin Fiona Scuiller arbeitet mit ihren beiden Muttersprachen Englisch und Französisch sowie mit Deutsch. Seit 2006 lebt die Freiberuflerin in Hamburg. Als Übersetzerin ist Fiona auf Marketing und Jura spezialisiert.
Sich als Sprachdienstleister*in in der Breite und Tiefe gut aufstellen
Meine Taktik in Zeiten von Automatisierung besteht darin, mich sowohl in der Breite als auch in der Tiefe gut aufzustellen. Nach meinen Anfängen vor etwa15 Jahren mit dem „klassischen“ Fachübersetzen habe ich Gesprächs-, Gerichts- und später Konferenzdolmetschen ergänzt. Nebenbei unterrichte ich juristisches Übersetzen und Konferenzdolmetschen an zwei Universitäten.
Strategie Expertise und Kreativität als Übersetzer*in in Zeiten von KI
Neben dieser Diversifizierung als erste Strategie sorge ich dafür, dass ich das anbiete, was die Maschine nicht kann: fachliche Expertise und menschliche Kreativität. Übersetzer*innen und Dolmetscher*innen müssen mehr sein als Sprachexpert*innen. Sie müssen die Sprache der Branchen sprechen, in denen sie arbeiten.
Sehr früh habe ich mich auf die Bereiche Marketing und Recht spezialisiert, weil sie mir wenig automatisierbar schienen. Warum? Kreative Übersetzungen, die peppig, prägnant und passgenau sind, erfordern ein menschliches Gehirn. Und sie machen Spaß!
Übersetzer-Alleinstellungsmerkmal Vereidigung
Bei juristischen Übersetzungen ist Vertraulichkeit ein Hindernis für den Einsatz von KI. Die nötige Fachexpertise grenzt manchmal an vergleichende Rechtswissenschaften.
Als vereidigte Übersetzerin und Dolmetscherin habe ich ein zusätzliches Alleinstellungsmerkmal: Ich darf meine eigenen Übersetzungen beglaubigen, wodurch sie von den Ämter anerkannt werden. Und ich bin befugt, am Gericht zu dolmetschen.
Als Übersetzerin in Zeiten von KI ein Fortbildungsjunkie
Diese Qualifikation habe ich mir durch entsprechende Lehrgänge erworben. Ich bin ein Fortbildungsjunkie. Ob „Patente und Marken“, „Einführung in die externe Rechnungslegung“, „Französisches Vertragsrecht“ oder „Schreibstil verbessern“: Das Weiterlernen ist ein Muss, um Inhalte branchengerecht zu transportieren.
Strategisch vorgehen und sich über KI plus die Übersetzungsbranche informieren
Als letzte Strategie in Zeiten von KI würde ich nennen: mich informiert halten und neugierig sein. Was kann die KI? Was kann sie nicht? Wie werde ich eine bessere Sprachdienstleistende und Unternehmerin? Wie läuft es in unserer Branche? Mit wem kann ich mich austauschen, um gute Ideen zu sammeln? Was kann ich an Wissen und Fähigkeiten weitergeben?
Wie auch immer es mit der KI weitergeht: Übersetzer*innen stehen mit geballtem Wissen, einem breiten Netzwerk an tollen Menschen und mit unternehmerischem Können immer besser da.
#6 Als Übersetzerin in Zeiten von KI über “Übelsetzungen” aufklären
Freiberuflerin Caroline Elias lebt in Berlin. Die Sprachmittlerin übersetzt in den Sprachrichtungen Französisch-Deutsch und Englisch-Deutsch. Caroline ist auf die Bereiche Nachhaltigkeit, Kultur und Bauwesen spezialisiert. Die Übersetzerin arbeitet auch als Dolmetscherin.
Als Übersetzerin in Zeiten von KI erklären und zum Lachen bringen
Neulich sagte mein Gegenüber bei einer Honorarverhandlung herablassend: „Seien Sie froh, dass wir überhaupt noch Menschen beauftragen. In ein paar Jahren macht das sowieso die KI … Was heißt Jahre, Monate!“
In solchen Fällen verweise ich auf die gesammelten Beispiele von KI-Fails, die viele Dolmetscher*innen inzwischen auf ihren Webseiten oder Blogs publizieren. Zum besseren Verständnis erkläre ich, dass Sprachen kulturabhängig sind. Ich zitiere gerne das Brot-Käse-Beispiel. Frankreich ist das Land der vielen Käsesorten, was sogar zu dem Sprichwort geführt hat: “Wie lässt sich ein Land regieren, in dem es 258 verschiedene Käsesorten gibt?“ (General de Gaulle).
Deutschland dagegen ist berühmt für seine Brotvielfalt. Das Wort „pain“ mit „Brot“ zu übersetzen, kann je nach Kontext falsch sein. Deswegen fragen wir Spracharbeiter*innen immer nach dem Sinnzusammenhang. Es ist sogar denkbar, dass bei einer Übersetzung, die eher einer Lokalisierung entspricht, „Käse“ statt „Brot“ verwendet werden MUSS.
Die KI weiß nichts von Kulturen
Die KI weiß nichts von Kulturen, nichts vom Hinterland der Wörter und nichts von Absichten. Sprachregelungen sind ihr ebenso fremd wie Tabus oder Dialekte. Das gilt auch für KI-gestütztes Dolmetschen. Die Maschine arbeitet nur mit Wahrscheinlichkeiten in Prozent. Sie erkennt weder Tipp- noch Logikfehler, auf die Menschen die Kunden immer wieder hinweisen, und hält gerne ihre Interpretation für maßgeblich.
Vor Jahren rief mich ein Kunde in eine andere Stadt zu einem kurzfristig anberaumten Treffen am Folgetag. Als ich wissen wollte, worum es genau ging, wurde ich auf den nächsten Morgen vertröstet. Eine halbe Stunde vor Beginn des Meetings wurde mir ein Mailverkehr in französischer und deutscher Sprache vorgelegt, der Anlass für eine große Auseinandersetzung war.
“Übelsetzungen” verursachen Ärger und Kosten
Es ging um die Suche nach dem Verursacher einer Panne. Ein Dialekt sprechender Ingenieur, Profi in Zahlen, nicht in Sprache, hatte in einer Mail geschrieben: „Ich weiße alle Anschuldigungen zurück, ich bin nicht verantwortlich!“ Dabei schrieb er das Verb so, wie oben zu lesen, mit „ß“. Die KI „las“ nur bis zum „weiß“ und „übelsetzte“ sinngemäß: „Ich weiß, dass ich schuldig bin und stehe für die Folgen gerade“. Nach dieser Ausgangsmail folgten noch etwa 30 weitere Nachrichten, in denen der Tippfehler-Verursacher diese Interpretation zurückwies.
Der Tag verlief harmonisch, mit Teambuilding im örtlichen Museum. Der Kunde durfte einen niedrigen vierstelligen Betrag für mein Honorar inklusive Spesen bezahlen.
#7 Übersetzer-Strategie in Zeiten von KI: Beratung und passives Einkommen
Jacqueline Marcella Breuer ist als Fachübersetzerin in Niedersachsen auf die Bereiche Schienenfahrzeugbau, Chemie/Gefahrstoffmanagement und Ur-, Umform-, Füge- und Trenntechnik spezialisiert. Die Arbeitssprachen der freiberuflich tätigen Sprachmittlerin sind Englisch, Italienisch, Französisch, Portugiesisch und Deutsch. Jacqueline hat zwei Muttersprachen: Deutsch und Französisch.
Der Übersetzungsmarkt ist schon immer ein Verdrängungsmarkt
Traditionell denkende Übersetzer*innen haben es schwer. Der Übersetzungsmarkt ist seit jeher ein Verdrängungsmarkt, auf dem sich die einen besser behaupten als die anderen. Agenturen umwarben ununterbrochen meine Direktkunden. Heute machen mir Übersetzungsagenturen mit Preisen für MTPE (durchschnittlich mit 0,09 €/Wort) Konkurrenz. Preislich – nicht qualitativ! Dreistigkeit (Agenturen) schlägt Unsicherheit.
In Zeiten von KI von der Übersetzerin zur Beraterin
Ich entschied mich als Übersetzer*in vor zwei Jahren für Angreifen statt Verteidigen. Der Weg? Passives Einkommen generieren. Wie? Mittels Beratung zu kosteneffizientem Übersetzungs-Qualitätsmanagement mit Blick auf engine-gerechte Redaktion und MTPE. Ich habe inzwischen an über zwölf Kursen teilgenommen. Bis auf zwei hatte keiner mit Übersetzung zu tun. Auf meinem „Stundenplan“ standen unter anderem Qualitätsmanagement, Revision, MTPE, Online-Kommunikation, Einfache Sprache und Online-Technik.
In einem dieser Kurse hieß es: “Sie bringen alles für die Beratung mit, da Sie über eine Fülle von Wissen und Erfahrung in Ihrem Bereich verfügen. Es gibt viele Menschen, die sich genau dieses Wissen aneignen möchten. Verkaufen Sie es! Zeigen Sie Ihnen, was sie brauchen und wie sie es bekommen.”
Übersetzer-Strategien beratungsbezogener Blog und Podcast
Ich erstellte zunächst ein LinkedIn-Profil, dem eine eingehende Strategieanalyse vorhergegangen war. Auf meiner To-Do-Liste stehen ein beratungsbezogener Blog und der Versuch, einen Podcast aufzulegen. Der Online-Technik-Kurs ist dabei hilfreich. Er zeigt mir Möglichkeiten auf, wie ich aktuelle und potenzielle Kunden – an Agenturen und Preisverfall vorbei – beeindrucken und überzeugen kann. Erste Erfolge stellen sich schon ein: Ich kann Direktkunden halten und neue hinzugewinnen.
Sich als Übersetzer*in nicht vor der KI fürchten
Wir müssen uns nicht vor der KI fürchten, uns aber vor dem „unlauteren“ Geklapper der Agenturen und dem schnell wachsenden Heer ungeschulter KI-Anwender zur Wehr setzen. Nutzen wir moderne Wege, um uns zu behaupten! Den Mutigen gehört die Welt.