Du bist Wahlkampfmanager*in oder Parteivorstand. Das Coronavirus stellt dich und den Ortsverband deiner Partei gerade vor besondere Herausforderungen. Aufgrund der Pandemie, die die Welt und Deutschland immer noch in Atem hält, muss euer Wahlkampf dieses Mal v. a. digital stattfinden. Hausbesuche, Parteiveranstaltungen und Info-Stände in Städten und Gemeinden sind nicht wirklich möglich.
Du rätselst, wie ihr eure Wähler*innen am besten online überzeugen könnt. Du fragst dich, ob es möglichst ist, digital auch Menschen zu erreichen, die auf Leichte Sprache oder Einfache Sprache angewiesen sind.
Ich bin Übersetzerin in Leichte Sprache und in Einfache Sprache. Seit 2013 arbeite ich außerdem als Community Managerin. In diesem Artikel gebe ich dir Tipps, wie du deinen Wahlkampf digital und barrierefrei führen kannst.
8 Tipps, wie du deinen Wahlkampf digital und barrierefrei führen kannst
#1 Kurzwahlprogramm in Leichter Sprache auf der Website deines Ortsverbandes
Um Wähler*innen online anzusprechen, die auf Leichte Sprache angewiesen sind, ist es zunächst einmal nötig, dass du ein Kurzwahlprogramm in Leichter Sprache hast.
Dieses Wahlprogramm in Leichter Sprache sollte möglichst kurz gehalten sein. Andernfalls ist die Hauptzielgruppe von der Fülle an Inhalten überfordert. Raten würde ich dir hier zu einem Kurzwahlprogramm, das in Leichter Sprache 15 Seiten nicht überschreitet.
Bei der Auswahl deines Übersetzers oder deiner Übersetzerin in Leichte Sprache solltest du darauf achten, dass sie bzw. er vom Netzwerk Leichte Sprache zertifiziert ist und mit einer Prüfgruppe zusammenarbeitet. Nur dies garantiert, dass dein Kurzwahlprogramm auch wirklich leicht verständlich ist.
Dieses Kurzwahlprogramm in Leichter Sprache stellst du auf die Website deines Ortsverbands. Zu seiner Barrierefreiheit kannst du jetzt wesentlich selbst beitragen. Wichtig ist dabei insbesondere, dass du dein Wahlprogramm nicht “versteckst”. Es muss einfach und schnell zu finden sein! Wie du das machst, erkläre ich dir in meinem Artikel 7 Tipps, mit denen dein Wahlprogramm in leicht verständlicher Sprache gelesen wird.
Vorsehen solltest du für dein Programm in Leichter Sprache eine herunterladbare PDF-Version.
#2 Auf der Homepage ein Kurzwahlprogramm in Einfacher Sprache anbieten
Neben einem Kurzwahlprogramm in Leichter Sprache solltest du auf der Website deines Ortsverbands auch eines in Einfacher Sprache anbieten. Mehr über die Unterschiede zwischen beiden Programmen erfährst du in meinem Blogartikel Einfache oder Leichte Sprache für dein leicht verständliches Wahlprogramm?
#3 Nutze Youtube für deinen digitalen und barrierefreien Wahlkampf
Für deinen digitalen und barrierefreien Wahlkampf solltest du auch Youtube nutzen. Zum Beispiel kannst du dort ein Video einstellen, in dem du erklärst, über welche Wahlprogramme dein Ortsverband verfügt.
Du kannst so in einfachem und langsamem Deutsch für Wahlprogramme in Leichter Sprache, in Einfacher Sprache und auch in Fremdsprachen, wie z. B. Italienisch, Griechisch, Türkisch oder Rumänisch, werben. Dabei hältst du die Titelseite des entsprechenden Wahlprogramms in die Kamera und erklärst zum Schluss, wie man zu euren Programmen kommt. Schickt ihr sie auf Anfrage zu? Wie lautet die Adresse eurer Website? Kann man sich euer Programm herunterladen?
Um online Wähler*innen zu erreichen, die Leichte oder Einfache Sprache benötigen, ist es noch besser, die Eckpunkte eures Programms in einem Video zu erklären.
Das Ganze natürlich in Leichter bzw. Einfacher Sprache und möglichst auch mit eingeblendetem Text, den ihr langsam vorlest. So erreicht ihr auch sehbehinderte, blinde und taube Menschen.
Aufbauen kannst du das Ganze wie eine PowerPoint-Präsentation. Besonders klasse ist es, wenn du zur Erleichterung der Verständlichkeit auch ein paar Illustrationen vorsiehst.
Deinen Text in Leichter oder Einfacher Sprache bekommst du z. B. von mir. Ich arbeite außerdem mit zwei Zeichnern zusammen, die dich mit barrierefreien Bildern versorgen können.
#4 Facebook-Seite in Leichter Sprache für deinen Online-Wahlkampf
Menschen, die auf Leichte oder Einfache Sprache angewiesen sind, sind auch auf Facebook unterwegs. Du kannst sie also genauso wie andere Wähler*innen, die Standarddeutsch verstehen, online über Facebook erreichen.
Beachten solltest du dazu natürlich die Regeln für Leichte Sprache. Deine Sätze dürfen z. B. nicht zu lang sein. In Leichter Sprache sollten sie auch keine Fremdwörter enthalten. Teils ergeben sich leichte Änderungen in der Orthografie von Wörtern.
Bei der Auswahl von Fotos und Zeichnungen für deinen barrierefreien Online-Wahlkampf solltest du bestimmte Dinge beachten. Sie müssen z. B. so aussagekräftig wie möglich sein.
Als Community Manager mit über 7 Jahren Erfahrung stehe ich dir im digitalen Wahlkampf auf Facebook gern zur Seite. Ich kann aber auch den CM deiner Partei mit bestimmten Grundregeln vertraut machen oder eure Posts in Leichte Sprache übersetzen. Um die Kosten zu minimieren, könnten sich hierfür auch mehrere Ortsverbände derselben Partei zusammenschließen.
Versehen würde ich die Posts außerdem jeweils mit dem Hashtag #LeichteSprache. Wie man barrierearme Hashtags kreiert, kannst du hier nachlesen: 11 Tipps für barrierefreies Twittern
#5 Facebook-Gruppe in Leichter Sprache für deine Partei
Alternativ oder ergänzend zur Facebook-Seite in Leichter Sprache ist für deinen barrierefreien Online-Wahlkampf natürlich auch eine Gruppe in Leichter Sprache möglich. Damit sie in den Suchergebnissen gut zu finden ist, solltet ihr – wie bei einer Facebook-Seite auch – den Begriff Leichte Sprache mit im Namen haben und auf Hashtags setzen.
#6 Im digitalen Wahlkampf auf Twitter setzen
Die Zahl der Twitter-Nutzer*innen, die Leichte Sprache benötigen, ist meiner Meinung nach erheblich geringer als die Zahl der Facebook-Nutzer*innen, die Standarddeutsch als zu schwierig empfinden. Dennoch ist es eine gute Idee, auf dem herkömmlichen Twitter-Account deiner Partei zu kommunizieren, dass ihr auch Wahlprogramme in Einfacher Sprache und in Leichter Sprache sowie in Fremdsprachen anbietet.
Setzen solltet ihr dabei auch auf Hashtags wie #Barrierefreiheit, #Inklusion, #LeichteSprache oder #Behinderung.
Solche Posts werden speziell von bestimmten Verbänden gern geteilt. Sie erreichen auf Twitter insbesondere zahlreiche Angehörige von Menschen, die auf barrierefreie bzw. barrierearme Kommunikation angewiesen sind.
#7 Sharepics in Leichter Sprache
Eine wunderbare Idee für deinen Wahlkampf in Leichter Sprache sind auch Sharepics. Mehr hierzu erfährst du in meinem Artikel Geniale Idee für deinen Wahlkampf in Leichter Sprache: Sharepics.
#8 Kurzwahlprogramme drucken und gezielt verteilen
Zugegeben, diese Idee ist keine wirklich digitale. Kurzwahlprogramme, Flyer usw. werden bei Wahlkämpfen schon seit Jahrzehnten gedruckt und in irgendeiner Form unter das Wahlvolk gebracht. Entweder an Info-Ständen in Fußgängerzonen, bei Wahlkampfveranstaltungen oder einfach durch das Werfen in Briefkästen.
Wahlprogramme in Leichter Sprache würde ich allerdings nicht einfach in irgendwelche Briefkästen werfen. Schließlich sollen sie v. a. die Menschen erreichen, die sie auch brauchen.
Mein Tipp ist dagegen eher: Überlegt euch, wo in eurer Stadt Menschen mit einer geistigen Behinderung leben, wo sie arbeiten oder ausgebildet werden. Gibt es in eurer Stadt Wohnheime? Sind diese derzeit geöffnet? Habt ihr die Möglichkeit, Wahlprogramme vor Förder- und Werkstätten zu verteilen? Wird dort derzeit gearbeitet?
Meine Erfahrung aus dem Wahlkampf in Bayern hat gezeigt: Bewirbt man sein Wahlprogramm in Einfacher bzw. Leichter Sprache auf sozialen Netzwerken, wird die Papierversion sogar von bestimmten Einrichtungen und Verbänden angefordert. Manche meiner Kund*innen mussten kurz vor den Kommunalwahlen in Bayern sogar nachdrucken.
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