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Wie du als Freiberufler*in mit überfälligen Rechnungen umgehst

Kekse

Schaut man sich auf Social Media in Foren von Übersetzer*innen und anderen Freiberufler*innen um, tauchen folgende Fragen immer wieder auf: Wie gehst du mit überfälligen Rechnungen um? Was machst du, wenn dein Kunde nicht bezahlt? Wer kann ein Inkassounternehmen empfehlen? Wie lange wartet ihr, bis ihr die erste Mahnung verschickt? Wann und wie sollte man bei unbezahlten Rechnungen reagieren?

Auch du hast Kund*innen, die dir Geld schulden oder die immer wieder zu spät zahlen? Einigen offenen Rechnungen läufst du sogar schon Monate hinterher? Dann ist dieses Round-up wie für dich gemacht! Erfahrene Übersetzer*innen und Texter*innen verraten dir in diesem Gemeinschaftsartikel, wie sie mit überfälligen Honorarnoten umgehen und welche Methoden am effizientesten sind, um als Freiberufler*in an sein sauer verdientes Geld zu kommen.

Die besten Tipps bei überfälligen Rechnungen

#1 Zuckersüß auf den Keks gehen

 

Karin Heese

Karin schaut bei Nicht-Zahler*innen auch mal persönlich vorbei

Karin Heese ist beeidigte Übersetzerin und Dolmetscherin mit Französisch mit Spezialisierung auf Urkunden, Verträge und Behördendolmetschen im Raum München.

Überfällige Rechnungen sind eine lästige Sache, aber mit Ruhe und Freundlichkeit kommt man meist schnell ans Ziel. Wenn die Zahlung ausbleibt, erinnere ich je nach Kunden nach ca. 4 bis 6 Wochen erstmalig an meine Rechnung. Kommt keine Reaktion, hake ich 7 bis 10 Tage später super höflich und freundlich per E-Mail nach. Kommt wieder keine Reaktion, verkürze ich den Rhythmus weiter, schreibe 5 Tage später noch mal oder rufe an, frage mich durch, hinterlasse eine Nachricht.

Kommt immer noch keine Reaktion, dann nach 2 Tagen das Spiel von Neuem, sich durchfragen und Nachricht am Empfang, im Sekretariat, bei Kollegen oder in der Buchhaltung hinterlassen, bei Privatkunden zu unterschiedlichen Zeiten und/oder von unterschiedlichen Nummern anrufen. Das geht dem Kunden auf den Keks und spätestens jetzt ist die Message und der Handlungsbedarf ins einem Bewusstsein des Kunden angekommen. Wichtig: Immer zuckersüß und freundlich bleiben, denn man will es sich mit ihm ja nicht gleich verscherzen, zumal die Gründe für die noch ausstehende Zahlung äußerst vielfältig sein können … Noch ist ja nicht klar, warum die Zahlung so lange dauert.

Bei dieser Vorgehensweise habe ich das Geld dann meist innerhalb weniger Tage auf dem Konto. Oftmals entschuldigt sich der Kunde und die vorgebrachten Gründe sind ganz banal und nachvollziehbar. Und wenn es einem gut gelungen ist, wird die Kundenbeziehung sogar noch gestärkt.

Wenn man selbst schon so richtig genervt ist und eine gewisse Zahlungsunwilligkeit im Raum steht, kann es hilfreich sein, eine neutrale, professionell auftretende Kollegin bei dem Kunden nachhaken zu lassen. Das wirkt meist Wunder. Wichtig auch hier: ausgewiesen höflich und unangreifbar bleiben.

Auch jemanden einfach mal unangekündigt bei der Adresse vorbeizuschicken, hat für mich und meine Kolleginnen schon Wunder bewirkt, denn wer will schon einen Geldeintreiber vor der Tür stehen haben?

 

#2 Auf unbezahlte Rechnungen entspannt reagieren

 

Übersetzerin Eva-Maria Schwarzböck

Eva-Maria setzt auf ihr Buchhaltungssystem und Erinnerungen

Eva-Maria Schwarzböck übersetzt in den Sprachrichtungen Französisch-Deutsch, Deutsch-Französisch und Englisch-Deutsch. Spezialisiert ist die in Hamburg lebende Freiberuflerin auf deutsch-französisches Recht (Gesellschaftsrecht, Arbeitsrecht, Handelsrecht, Familienrecht) sowie auf E-Commerce und Marketing.

Was den Umgang mit überfälligen Rechnungen angeht, bin ich eher eine von der entspannten Sorte. Und damit bin ich den letzten zehn Jahren sehr gut gefahren. Vielleicht liegt es daran, dass ich über sieben Jahre in Frankreich gewohnt und als freiberufliche Übersetzerin gearbeitet habe. Meine meisten Kunden sind Franzosen und in Frankreich werden Rechnungen üblicherweise sowieso nur einmal monatlich, in der Regel am Monatsende, beglichen. Das heißt, wenn die Rechnung beispielsweise gegen den 20. beim zuständigen Sachbearbeiter eintrudelt, kann es gut und gerne sein, dass sie erst am Ende des Folgemonats beglichen wird – die Weiterleitung an die Buchhaltung kann ja auch ein paar Tage dauern. Das genau ist auch der Grund, warum ich bei Geschäftskunden in den seltensten Fällen eine kürzere Zahlungsfrist als 30 Tage angebe.

Wenn ich dann also bei meiner monatlichen Abrechnung beziehungsweise Buchhaltung feststelle, dass ein Kunde noch nicht gezahlt hat, wird die Rechnung bei mir im System rot markiert und es passiert erst einmal … nichts. Zumindest bei Bestandskunden.

Erst bei meiner nächsten monatlichen Buchhaltungsrunde überprüfe ich erneut, ob der Kunde denn nun bezahlt hat, denn ich und meine Nerven haben wirklich etwas anderes zu tun, als jeden zweiten Tag aufs Konto zu schauen, ob das Geld eingegangen ist. Wenn das dann immer noch nicht der Fall ist, setze ich eine nette E-Mail an den Kunden auf, an die ich die ursprüngliche Rechnung anhänge.

Bei Neukunden oder größeren Aufträgen würde ich das vielleicht auch schon bei meiner ersten monatlichen Abrechnung nach Fälligkeit der Rechnung tun. In 98 % der Fälle war dieses Vorgehen bei meinen Kunden bisher ausreichend. Manch einer braucht noch einmal eine zweite Erinnerung (nach einem weiteren Monat) oder ein kurzes Telefonat und dann ist das Geld aber auch da. Mahnverfahren oder Ähnliches musste ich noch nie einleiten.

Nur bei einem Kunden musste ich tatsächlich zweimal postalisch mahnen. Das war allerdings ein Privatkunde. Um mir diesen Ärger zu ersparen, arbeite ich seitdem für Privatkunden nur auf Vorkasse.

 

#3 Das beste Mittel gegen unbezahlte Rechnungen ist Vorbeugung

 

Übersetzerin Kirsty Snaith

Kirsty rät bei Neukunden zu Vorsicht

Kirsty Snaith lebt im südfranzösischen Montpellier. Die Freelancerin übersetzt vom Spanischen und Französischen ins Englische und arbeitet als Korrektorin. Ihre Spezialgebiete sind Medizin und Pharma, Sozialwissenschaften sowie Kunst(geschichte). 

We’ve all been there – you did your translation, you sent off your invoice (which included a payment date) and then… Nothing. Rien. You check your bank account daily, no sign of payment.

What can you do?

Well, before accepting a job from a new client, you should do some research – have trusted colleagues worked with them? Do they have a “real” address (not just a post office box in a far-flung destination) and phone number? Are they registered legally as a business?

Once you’ve decided they seem solid, you can sometimes ask for an upfront payment (if the job is large), or instalments (for a long-term project, such as a series of articles).

If neither of those is possible and your invoice is simply not being paid, there are a few things you can do.

You can reach out to your contact once the payment is officially late and “remind” them that the date has passed. In many cases, this is enough. When it’s not, the next step is finding a way to contact the person responsible for making payments (if it’s a company, this is rarely your contact person and will usually be someone in the accounts department) and “remind” them. If that fails, your next step is a registered letter (make sure to keep a copy) and a gradual escalation until you reach whatever the equivalent of the small claims court is.

Not being paid is horribly unfair but, from my 25+ years of experience, mercifully rare. In fact, it hasn’t happened to me since one of my very first clients (touch wood!).

Most importantly, keep a trace of everything – email exchanges, your quote, their acceptance of your quote, the invoice, etc. All this will help you prove your case if the worst comes to the worst.

 

#4 Bei hartnäckigen Nicht-Zahler*innen auf ein Inkassounternehmen zurückgreifen

 

Übersetzerin Andrea Halbritter

Ghosting lässt sich oft durch ein Inkassounternehmen lösen

Ich, Andrea Halbritter, erstelle Texte in Leichter und Einfacher Sprache für Museen, NS-Gedenkstätten und Politiker*innen. Außerdem übersetze ich in der Sprachrichtung Französisch-Deutsch in den Bereichen Wein, Kunst, Tourismus und Gesundheit.

Kunden schaue ich mir im Vorfeld genau an. Erscheinen sie mir nicht sehr vertrauenswürdig, übersteigt der Übersetzungsauftrag eine bestimmte Summe oder ist der Auftraggeber Privatkunde, verlange ich bis zu 100 % Vorkasse. Die meisten meiner Übersetzungskunden zahlen recht pünktlich, wobei ich ab und zu durchaus “Erinnerungen” verschicken muss.

In der Regel räume ich eine Zahlungsfrist von 30 Tagen ein. Ist diese um 5 Tage überschritten, melde ich mich per E-Mail. Meist reicht dies. In seltenen Fällen ist eine zweite Erinnerung nötig.

Dennoch musste ich in den 10 Jahren meiner Tätigkeit als Übersetzerin und Texterin in vier Fällen ein Inkassounternehmen einschalten. Auf mehrfache Erinnerungen und Mahnungen waren auch nach mehr als einem halben Jahr keine Zahlungen erfolgt. Von zwei Kunden wurde ich nach dem Versand von Zahlungserinnerungen und Mahnungen sogar geghostet, andere übten sich im Vertrösten. Eine enttäuschende Erfahrung, zumal es sich um sehr regelmäßige Auftraggeber handelte, für die ich im Vorfeld mehrere Jahre übersetzt hatte.

Ein gutes und günstiges Inkassounternehmen zu finden, ist nicht ganz einfach. Manche Unternehmen werden erst ab einem bestimmten Betrag tätig, andere sind recht teuer. Die Konditionen sollte man sich als Übersetzer*in genau anschauen: Kommt es in jedem Fall zu Kosten oder wird nur im Erfolgsfall ein Honorar fällig? Wie hoch ist dieses Honorar? Gibt es ein günstiges Abo, in dem mehrere Dossiers inbegriffen sind? Viele Inkassounternehmen werden (fast) weltweit tätig. Es lohnt sich also, sich auch in anderen Ländern umzusehen bzw. sich bei Übersetzerkolleg*innen umzuhören, mit welchem Inkassounternehmen gute Erfahrungen gesammelt wurden.

 

#5 Ein Plädoyer für Gelassenheit und Flexibilität

 

Texterin Birgit Susemihl

Birgit Susemihl: “Es ist wichtig, den Überblick zu behalten und gelassen zu bleiben.”

Birgit Susemihl ist in Göttingen als Texterin und Lektorin tätig. Die Freiberuflerin arbeitet vor allem in den Bereichen Natur und Umwelt sowie Kunst und Kultur.

Vorweg: Ich hatte bisher Glück! Ich habe sehr professionelle und zuverlässige Kund*innen, mit denen die Zusammenarbeit unkompliziert und reibungslos verläuft. Die meisten zahlen ihre Rechnungen so schnell, dass ich es manchmal kaum glauben kann!

Überfällige Rechnungen hatte ich erst zweieinhalb Mal. Beim „halben Mal“ habe ich einfach etwas abgewartet. Denn ich hatte im Gefühl, dass der Kunde, so wie ich damals möglicherweise gerade den Gründungszuschuss bekam. Vom Timing her wäre es möglich gewesen, dass er diesen Geldeingang abwartete. Ob das der Grund war oder nicht – ganz wenige Tage später war die Rechnung bezahlt.

Ein andermal war die Rechnung falsch zugestellt worden. Diesen Kunden kannte ich persönlich aus einer früheren Festanstellung. Ich habe freundlich per Mail angefragt, ob die Rechnung angekommen sei. War sie nicht, ich habe sie nochmal geschickt, der Kunde hat sofort gezahlt, noch bevor er nachgeforscht hatte, wo die erste Rechnung abgeblieben war. Also auch hier alles bestens.

Ich zähle also immer erst einmal „bis zehn“ und überlege mir, wann und wie ich reagiere. Dann schreibe ich eine eher inoffizielle Mail mit dem Subtext „… bevor ich den Fall an meine Mahnungsabteilung weitergebe …“. Die Mahnungsabteilung bin ich natürlich selbst. Weitere Eskalationsstufen einleiten kann ich dann immer noch – und das würde ich auch, wenn es nötig wäre.

Wichtig ist dabei natürlich, dass ich den Überblick über offene Rechnungen behalte. Dabei hilft mir meine ausgeklügelte Auftragsmanagement-Tabelle, die mir auf einen Blick zeigt, welcher Auftrag gerade in welchem Stadium ist, ob der Ball gerade im Feld des Kunden oder bei mir liegt und wann ich den Zahlungseingang überprüfen sollte.

Diese Strategie aus Gelassenheit, Flexibilität und dem Versuch, die Situation des Kunden zu verstehen, scheint sich zu bewähren. Denn wer von uns noch nie vergaß, eine Rechnung zu bezahlen, der, äh, schreibe die erste Mahnung …

 

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