Du schaffst es manchmal nicht, dich an den Schreibtisch zu setzen und mit einer Übersetzung zu beginnen? Du verlierst als Übersetzer*in regelmäßig die Motivation? Statt mit einem Übersetzungsprojekt zu starten, bist du am Prokrastinieren? Damit bist du als Sprachmittler*in nicht allein! In Facebookgruppen für Übersetzer*innen ist eine mangelnde Selbstmotivation immer wieder Thema! Wie du als Übersetzer*in motiviert bleibst, verraten dir in diesem Round-up fünf erfahrene Kolleg*innen. Unter den vielen Tipps sind sicher mehrere dabei, die auch dir zu mehr Motivation verhelfen.
Tipps, mit denen du als Übersetzer*in garantiert motiviert bleibst
#1 Durch regelmäßige Übersetzungspausen motiviert bleiben
Die am Landgericht in Saarbrücken vereidigte Übersetzerin Jessica Kähler fertigt hauptsächlich Urkundenübersetzungen an. Außerdem überträgt sie Produktbeschreibungen für Küchenutensilien und Pralinen sowie Schulungsmaterialien vom Englischen und Französischen ins Deutsche.
Ich nutze einige Tricks, die ich mir im Laufe meiner Berufstätigkeit als Übersetzerin angeeignet habe, um während des Arbeitstages motiviert zu bleiben. Ich plane mir während der Arbeitszeit meistens mehrere kleine Pausen ein, vor allem dann, wenn der zu übersetzende Text langweilig oder redundant ist. Manchmal sind diese Pausen nur fünf Minuten lang. In dieser Zeit trinke ich einen Kaffee oder ich gehe eine Runde im Garten spazieren. Da der Frühling und der Sommer vor der Tür stehen, freue ich mich bereits darauf, wieder draußen auf der Terrasse arbeiten zu können. Das motiviert mich als Übersetzerin zusätzlich. Ich begehe den ersten Tag, an dem ich als Übersetzerin draußen arbeiten kann, immer feierlich und poste ein Foto von meinem Outdoor-Office in meinen Status. Dadurch motiviere ich mich noch mehr richtig durchzustarten in der warmen Jahreszeit.
Im Sommer gönne ich mir auch zwischendurch eine kurze Abkühlung im Pool als Pause. Das macht den Kopf frei und ich kann als Übersetzerin wieder frisch an die Arbeit starten. Sobald ich eine längere Pause brauche, breche ich mit meiner Hündin zu einem Spaziergang bei uns im Wald auf. Dabei sauge ich die grünen Farben und, wenn möglich, auch die Sonnenstrahlen in mir auf. Das gibt mir Power für den nächsten Arbeitsabschnitt und ich kann als Sprachmittlerin auch nachmittags wieder konzentriert an die Arbeit gehen. Beim Übersetzen sitze ich vorwiegend im Stuhl. Aus diesem Grund ist mir Bewegung zwischendrin sehr wichtig, um auch etwas für meinen Rücken zu tun.
Es hat sich während meiner langjährigen Tätigkeit als Übersetzerin herausgestellt, dass montags oft Flaute ist. An diesem Tag gönne ich mir ab und zu einen Saunabesuch und spanne richtig aus, um wieder mit frischem Wind in den Rest der Woche starten zu können.
#2 Als Übersetzer*in Reize ausschalten und Dankbarkeit einschalten
Meine besten Tipps, um als Übersetzer*in motiviert zu bleiben? Im „Flow“ geht alles leicht von der Hand. In diesem Zustand „optimistischer Konzentration“ bin ich aktiv und vertieft und glaube, eine Lösung zu finden. Aber manche Übersetzungsprojekte sind zäh und die Konzentration will sich nicht einstellen.
Bei mir verursacht zu viel Nachrichten- und Social-Media-Input innere Unruhe, Pessimismus und Unzufriedenheit: „Was verpasse ich gerade? Was ist Schlimmes passiert? Warum sind andere so erfolgreich?“ Als Übersetzerin lasse ich mich dann ablenken, werde unkonzentriert, komme schlechter voran, was mich weiter demotiviert. Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass Reizüberflutung Stress verursacht und die Konzentrationsfähigkeit verschlechtert, dass zu viel Nachrichtenkonsum pessimistisch macht und Social Media Erfolgsdruck erzeugen.
Mit Reizeinschränkung kann ich das umkehren. Das heißt für mich als Übersetzerin: Unnötiges wegnehmen, vor allem das, was (unbewusst) Stress, negative oder „springende“ Gedanken auslöst. Den Internet- und Nachrichtenkonsum reduzieren. Blinkende Werbung, Videos, Dauerscrollen im Social-Media-Feed stark runterfahren. Das Handy außer Sichtweite legen und den Ton ausstellen. Statt am Bildschirm auf Papier arbeiten. Bücher lesen. Etwas mit den Händen machen, zum Beispiel in die Natur gehen, gärtnern, von Hand schreiben. Meditieren. Telefonieren, ohne etwas nebenherzumachen. Also Dinge tun, die mir Spaß machen, die „im Moment“ stattfinden und wo ich einen unmittelbaren Effekt spüre (Selbstwirksamkeit).
Wichtig ist auch, das Motivationsloch nicht zu einer Geschichte über den persönlichen Wert, die Eignung für oder die Liebe zum Beruf zu machen. Stattdessen den Fokus auf das Schöne und Gute legen. Leitfragen für „Dankbarkeitsübungen“ sind: „Wofür oder wem möchte ich Danke sagen? Was macht mir Spaß? Was kann ich gut?“ Manchmal mache ich das als Meditation oder in Form einer Liste. Oder ich schreibe jeden Tag 1-3 Punkte auf Zettel und sammle diese in einer „Glücksbox“ für graue Tage. So bewege ich mich in ein optimistischeres, lösungsorientiertes und klareres Denken zurück.
#3 Tipp: Zuerst das Vergnügen, dann die Übersetzung
Wir kennen sie alle, diese Tage, an denen die Arbeit mühsam ist, das Projekt uninteressant, die Motivation gering. Vom hierzulande so beliebten Grundsatz „Erst die Arbeit, dann das Vergnügen“ halte ich wenig. Mein Tipp, um als Übersetzer*in motiviert zu bleiben: Mach, wenn möglich, genau das Gegenteil. Denn seien wir ehrlich: davon, dass ich als Übersetzerin krampfhaft auf den Bildschirm starre, wird mir die perfekte Lösung für diese eine knifflige Stelle wohl kaum einfallen.
Ich lege in solchen Fällen lieber bewusst eine Pause ein: Ich spiele eine Runde mit den Katzen, erledige das ein oder andere im Haushalt und höre dabei eine interessante Podcast-Folge oder gehe eine Runde an die frische Luft. Insbesondere bei schönem Wetter nutze ich die Gunst der Stunde, statt die ganze Zeit vom Schreibtisch aus sehnsüchtig aus dem Fenster zu schauen und bis zur klassischen Feierabendzeit zu warten – im Winter ist die Sonne bis dahin ohnehin längst untergegangen. Lieber mache ich als Übersetzerin eine ausgedehnte Pause, kehre anschließend mit neuem Elan an den Schreibtisch zurück und nehme dafür gern in Kauf, dass sich der Feierabend nach hinten verschiebt.
Natürlich funktioniert das nicht immer. Wenn der Abgabezeitraum für eine Übersetzung näher rückt, sonstige Verpflichtungen anstehen oder abends ein privater Termin winkt, muss ich mich auch als Sprachmittlerin an die klassischen Arbeitszeiten halten. Dann geht es eben nicht anders – aber Druck ist ja bekanntermaßen ebenfalls ein effektiver Motivator. An allen anderen Tagen hilft mir das Vergnügen, bei der Arbeit motiviert zu bleiben. Und genau diese Freiheit schätze ich am Freiberufler-Dasein.
#4 Tipp: die Motivation durch sinnvolle Übersetzungsprojekte aufrechterhalten
Um die Motivation als Übersetzerin nicht zu verlieren, nehme ich nur Projekte an, die mindestens eines der folgenden Kriterien erfüllen:
- Ich sehe hinter dem Übersetzungsprojekt einen tieferen Sinn.
- Der zu übersetzende Text interessiert mich ganz besonders.
- Der Ausgangstext stellt für mich als Übersetzerin eine stilistische Herausforderung dar.
Kriterium Nr. 1 ist für mich der Grund, warum ich Texte in Leichte und Einfache Sprache übertrage. Mit meinen leicht verständlichen Texten können sich alle Menschen autonom informieren. Unlust kommt daher bei mir in Leichter und Einfacher Sprache nie auf. Denn ich weiß: Was ich tue, macht Sinn. Die Leser*innen meiner Texte sind froh, dass sie die Informationen, die ich ihnen biete, gut verstehen. Wenn ich das Schreiben von leicht verständlichen Texten dann auch noch mit Gebieten verbinden kann, die mich persönlich sehr interessieren, umso besser!
Spezialisiert bin ich in Einfacher Sprache unter anderem auf Ausstellungstexte zum Nationalsozialismus. Über die NS-Diktatur auch in leicht verständlicher Sprache zu informieren, ist für mich überaus wichtig. Wollen wir verhindern, dass Diktaturen entstehen, dürfen wir nicht vergessen, was gestern war.
Reiseführer übersetze ich aus dem Englischen und Französischen ins Standarddeutsche, weil ich gerne selbst unterwegs bin. Derzeit allerdings weniger, als ich dies möchte. Steht bei mir ein Reiseführer zur Übersetzung an, mache ich mich quasi vom Schreibtisch aus in neue Regionen und Länder auf. Dabei lerne ich sehr viel und das Übersetzen macht Spaß. Mehr Motivation braucht es nicht!
Übersetzer*innen, die zwischendurch Projekte annehmen müssen, die sie nicht ganz so spannend finden, würde ich empfehlen, dafür einen besonders lukrativen Preis zu verlangen. Der Gedanke an ein schönes Sümmchen entschädigt ab und zu auch für etwas monotonere Aufgaben oder uninteressantere Übersetzungstexte … Sehr gut bewährt hat sich für mich auch ein Wochenplan. Auf meinem Plan notiere ich jeden Tag das Pensum an zu übersetzenden Wörtern, das ich mindestens schaffen muss.
#5 Als Übersetzer*in mit technischen Tricks den inneren Schweinehund überwinden
Jeder kennt das mulmige Gefühl, auf eine leere Seite zu starren – meist winken Übersetzer*innen die Deadline schon aus der Ferne zu. Die Wortzahl im CAT-Tool ist schwindelerregend hoch und die Motivation erschreckend weit unten.
Gehen wir von 10 000 Wörtern aus: Was wirkt einladender? Eine große Datei mit der gesamten Masse an Worten oder kleine Päckchen mit 2000-3000 Worten? Klar, keiner muss, kann oder wird die große Datei auf einmal übersetzen und die Arbeitslast bleibt die gleiche, jedoch kann man die Psyche mit ein paar Kniffen austricksen. Wenn die Prozentzahl der bestätigten Segmente schneller steigt als bei der großen Datei, macht das schon etwas mit der gefühlten und letztendlich auch der tatsächlichen Produktivität. Mehr Produktivität = mehr Motivation. Bei mir selbst kann ich mit der Päckchen-Methode sicherlich gut 10-15 % schneller arbeiten, ganz nach Textart und weiteren Umständen, da ich ein schneller erreichbareres Ziel vor Augen habe. Nicht immer hat man die Wahl, häppchenweise zu arbeiten, aber gerade bei Website-Übersetzungen kommt das häufig vor.
Aber nicht nur die Aufteilung einer Datei kann der Psyche einen Streich spielen, denn auch die Schriftgröße ist ein mächtiges Motivationstool. Ich arbeite mit Trados Studio und habe unklugerweise lange mit der Standard-Schrifteinstellung gearbeitet, was mir nicht nur Augenschmerzen bereitete, sondern auch meiner Produktivität keinen Gefallen tat. Mein Tipp: Mit ein paar Klicks macht man als Übersetzer*in aus Ameisenschrift gut lesbare Textblöcke – und auch damit können wir unsere graue Masse austricksen: Die Seiten im CAT-Tool rattern nur so vor sich hin und die gefühlte Produktivität und damit auch die Motivation steigt.
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