Die Begriffe Einfache und Leichte Sprache sorgen oft für Verwirrung. Viele meinen, dass es sich bei beiden Sprachformen des Deutschen um dieselbe Variante handelt. Andere fragen Einfache Sprache an, meinen aber Leichte Sprache und umgekehrt. Wenn du diesen Artikel gelesen hast, weißt du, was die Hauptunterschiede zwischen Einfacher und Leichter Sprache sind.
Die Unterschiede zwischen Einfacher Sprache und Leichter Sprache
Was ist Einfache Sprache?
Unter Einfacher Sprache versteht man eine sprachlich vereinfachte Form von Fachsprache oder Standarddeutsch. Ein Regelwerk gibt es für Einfache Sprache seit dem Frühjahr 2024 mit der DIN 5881-1. Einfache Sprache existiert in verschiedenen Schwierigkeitsgraden. Die verständlichste Form Einfacher Sprache wird auch Leichte Sprache Plus genannt.
Einfache Sprache und Satzbau
Texte in Einfacher Sprache weisen Nebensätze auf. Im Vergleich zum Standarddeutschen sind die Sätze in Einfacher Sprache aber trotzdem kürzer. So wird in Einfacher Sprache zum Beispiel meist auf die Verwendung von Nebensätzen zweiten oder dritten Grades verzichtet. Satzgefüge gibt es in Einfacher Sprache durchaus, sie sind jedoch weniger “verschachtelt”, als dies zum Beispiel in der Fachsprache der Fall sein kann. Sätze in Einfacher Sprache weisen selten mehr als zwei Kommas auf. Sie bestehen meist aus maximal 15 Wörtern.
Vorgangspassiv wird in Einfacher Sprache vermieden, Sätze stehen ausschließlich im Aktiv.
Einfache Sprache und Zeichensetzung
Die Zeichensetzungsregeln sind in Standarddeutsch und Einfacher Sprache dieselben.
Einfache Sprache und Vokabular
Fremdwörter sind in Einfacher Sprache eher selten. Kommen Fremdwörter oder andere schwierige Begriffe vor, werden sie erklärt. Sämtliche alltäglichen Wörter werden dagegen verwendet.
In einem Text in Einfacher Sprache vermeidet man Abkürzungen. Statt langer Wörter werden kürzere Wörter bevorzugt.
Auf Metaphern und schwer verständliche Redewendungen greift die Einfache Sprache nicht zurück. Sie vermeidet auch Ironie.
Einfache Sprache und Rechtschreibung
Einfache Sprache orientiert sich in Sachen Rechtschreibung am Standarddeutschen. Kommt es zur Verwendung von Komposita, also von zusammengesetzten Substantiven, empfiehlt sich eine Schreibung mit Bindestrich, so dieser auch vom Duden toleriert wird.
Modi in Einfacher Sprache
Verwendet werden Indikativ, Konjunktiv und würde-Form, wobei der Ersatzform mit würde der Vorzug gegeben wird. Seltene Konjunktivformen, wie käme oder ginge, werden vermieden.
Gestaltung von Texten in Einfacher Sprache
Vorschriften für die Gestaltung von Texten in Einfacher Sprache gibt es bisher nicht. Wie andere Texte auch sollten sie jedoch übersichtlich gegliedert sein. Auf Überschaubarkeit zu achten erhöht das Textverständnis.
Was ist Leichte Sprache?
Leichte Sprache ist eine besonders verständliche Sprache. Sie vereinfacht Texte sowohl auf sprachlicher als auch auf inhaltlicher Ebene. Texte in Leichter Sprache fassen Inhalte zusammen und treffen eine Auswahl. Im Unterschied zu Einfacher Sprache gibt es für Texte in Leichter Sprache ein recht genau festgelegtes Regelwerk. Erstellt wurde dieses vom Netzwerk Leichte Sprache e. V., von dem auch ich ausgebildet und zertifiziert wurde.
Dennoch handelt es sich weder bei Einfacher Sprache noch bei Leichter Sprache um geschützte Begriffe.
Leichte Sprache und Satzbau
Im Unterschied zu Einfacher Sprache verzichtet Leichte Sprache zu fast 100 Prozent auf Nebensätze. Ellipsen sind in Leichter Sprache möglich, werden aber nicht von allen befürwortet. Passiv kommt in Leichter Sprache nicht vor. Alle Sätze werden im Aktiv formuliert.
In Leichter Sprache herrscht eine S-V-O-Stellung vor. Sätze in Leichter Sprache sind erheblich kürzer als in Einfacher Sprache. Meist bestehen sie nur aus etwa fünf Wörter pro Satz. Die Zahl von acht Wörtern pro Satz wird nur selten überschritten.
Indirekte Rede wird zu direkter Rede. Fragen werden meist nur gestellt, wenn sie sich direkt an die Leser*innen richten und eine Antwort erwartet wird.
Leichte Sprache und Zeichensetzung
Im Gegensatz zu Einfacher Sprache ist in Leichter Sprache auch das Satzzeicheninventar reduziert. Laut Regeln des Netzwerks Leichte Sprache e. V. dürfen weder Anführungszeichen, noch Strichpunkt, Klammern oder Gedankenstriche verwendet werden. Wörtliche Rede kann durch Einrücken gekennzeichnet werden, Christiane Maaß von der Universität Hildesheim plädiert dagegen für die Kennzeichnung der wörtlichen Rede durch Anführungszeichen.
Texte in Leichter Sprache enthalten auch selten Kommata.
Satzgefüge werden im Schriftlichen fast immer in Hauptsatzstrukturen umformuliert, Aufzählungen aufgelöst:
Standarddeutsch:
In meinem Korb hatte ich eine Flasche Rotwein, Schokolade, Milch, Zucker und Brot.
Leichte Sprache:
In meinem Korb waren:
- eine Flasche Rot-Wein
- Schokolade
- Milch
- Zucker
- Brot
Oder:
In meinem Korb war eine Flasche Rot-Wein.
In meinem Korb war auch Schokolade.
In meinem Korb war auch Milch
In meinem Korb waren auch Zucker und Brot.
Auf Sonderzeichen wird fast immer verzichtet. Ist dies nicht möglich, werden sie erklärt.
Leichte Sprache und Vokabular
Leichte Sprache bevorzugt kurze Wörter und erklärt schwierige Begriffe, so sie nicht vermieden werden können. Kommt man nicht umhin, ein Fremdwort zu verwenden, muss zu diesem auch seine Aussprache angegeben werden. Abkürzungen kommen auch in Leichter Sprache nicht vor. Hat man die Wahl zwischen mehreren Synonymen, wird das gebräuchlichste Wort verwendet.
Standarddeutsch:
Er hat kaum Geld.
Leichte Sprache:
Er hat wenig Geld.
Metaphern sowie Wörter und Redewendungen werden nicht mit ihrer übertragenen Bedeutung verwendet. Hohe Zahlen werden häufig vermieden und durch Umschreibungen ersetzt.
Leichte Sprache und Rechtschreibung
Längere, zusammengesetzte Wörter werden teils auch dann mit Bindestrich geschrieben, wenn dies der Duden nicht erlaubt, der Bindestrich jedoch zu einem besseren Verständnis beiträgt. Eine Alternative ist der Mediopunkt.
Beispiel:
zurück-kommen
Modi in Leichter Sprache
In der Leichten Sprache wird nur der Indikativ verwendet. Konjunktiv und Ersatzformen gibt es nicht.
Gestaltung von Leichte-Sprache-Texten
Im Unterschied zu Einfache-Sprache-Texten ist auch die Gestaltung von Texten in Leichter Sprache genau festgelegt. Jeder Satz muss in einer eigenen Zeile stehen. Sätze sind bisher durchgehend linksbündig und im Flattersatz angeordnet.
Texte werden in Abschnitte unterteilt. Ein Abschnitt darf nicht auf der nächsten Seite weitergehen.
Bilder müssen das Textverständnis unterstützen. In Einfacher Sprache dagegen sind Bilder nicht unbedingt nötig. Kursive Schrift sowie durchgehende Großbuchstaben dürfen in Leichter Sprache nicht verwendet werden. Auch zu Schriftart, Schriftgröße, Zeilenabstand und Platz der Bilder gibt es bestimmte Vorgaben.
Die Unterschiede zwischen den Zielgruppen Leichter und Einfacher Sprache
An wen richtet sich Einfache Sprache?
Einfache Sprache richtet sich an Menschen mit unterschiedlichen Leseschwierigkeiten. Darunter fallen sowohl funktionale Analphabet*innen als auch Menschen mit einer ausgeprägteren Lese-Rechtschreibschwäche. Ebenso richtet sich Einfache Sprache an Nichtmuttersprachler*innen, die im Deutschen in etwa ein Niveau B1 aufweisen. Richten kann sie sich auch an Jugendliche oder sogenannte “bildungsferne Schichten”. Das Sprachniveau Einfacher Sprache wird an die Hauptzielgruppe angepasst.
An wen richtet sich Leichte Sprache?
Leichte Sprache richtet sich vor allem an Menschen mit einer leichten bis mittelgradigen geistigen Behinderung beziehungsweise mit kognitiven Beeinträchtigungen, wie sie beispielsweise durch eine Alzheimer-Erkrankung, einen Schlaganfall oder einen Hirntumor entstehen können. Eine weitere Zielgruppe sind Menschen mit einer anderen Muttersprache, deren Deutschkenntnisse zum Verständnis von Einfacher Sprache oder Standarddeutsch nicht ausreichen.
Für manche funktionale Analphabet*innen sowie für gehörlose Menschen kann Leichte Sprache besser verständlich sein als Einfache Sprache.
Am 13.06.2024 überarbeitet
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