Flaute: Was tun als Übersetzer*in?

Tafel mit der Aufschrift "Teamwork" und in verschiedenen Farben aufgemalten Personen

Kennst du das als Übersetzer*in auch? Mal sehr viel zu tun und dann zu wenig. Auf Hochtouren einen Übersetzungsauftrag nach dem anderen abarbeiten und dann gähnende Leere im Postfach.

Jeder Freiberufler erlebt sie: die Flaute. Manche häufiger, andere nur ab und zu. Äußerst rar dürften die Übersetzer*innen sein, für die schwache Auftragslagen ein komplettes Fremdwort sind.

Was aber tun, wenn die Aufträge plötzlich ausbleiben oder zu wenige Aufträge hereinkommen? Wie kann man Flauten als Übersetzer*in sinnvoll nutzen?

In diesem Artikel bekommst du wertvolle Tipps von erfolgreichen Übersetzer*innen, die dir verraten, was sie in Zeiten machen, in denen die Aufträge sich nicht in der Mailbox drängeln.

8 Ideen für Flauten im Übersetzungs-Business

#1 Während einer Flaute als Übersetzer*in Bilanz ziehen

Bettina Röhricht

Freiberufliche Übersetzerin Bettina Röhricht lebt in England. Die deutsche Muttersprachlerin übersetzt in den Sprachrichtungen Englisch-Deutsch und Portugiesisch-Deutsch. Ihre Spezialgebiete sind internationale Politik, Artenschutz und Umweltschutz.

“Auftragsflauten können Angst machen. In Situationen, in denen man sich wie gelähmt fühlt, tut es gut, sich als Übersetzer*in mit den eigenen Handlungsmöglichkeiten zu befassen. Eine unfreiwillige Arbeitspause stellt deshalb eine gute Gelegenheit dar, Bilanz zu ziehen und anhand der Ergebnisse Pläne zu schmieden. Dabei ist es sinnvoll, nicht nur Geschäftliches einzubeziehen, sondern sich als Übersetzer*in auch Gedanken zu Themen, wie Tagesablauf, Work-Life-Balance, privaten Interessen usw., zu machen.

Hier Beispiele für Fragen, die Sprachmittler*innen bei Analyse und Planung helfen können:

– Was ist in letzter Zeit gut gelaufen, was ist ganz anders gelaufen als geplant? Warum?

– Was für unerwartete positive Entwicklungen gab es und was habe ich daraus mitgenommen?

– Welcher Aspekt meiner Arbeit als Übersetzer*in macht mir so viel Spaß, dass ich ihn gerne ausbauen möchte?
(Bestimmtes Fachgebiet, neuer Tätigkeitsbereich, Kontakt zu Kund*innen, Marketingtools …)

– Welchen Aspekt möchte ich dringend umgestalten? Wie könnte das aussehen?

– Was ist aktuell mein wichtigstes Ziel? Aus welchen Unterzielen besteht es? Welchen ersten Schritt kann ich gleich heute angehen?

– Was verursacht mir Stress und wie kann ich das ändern?
(Indem ich delegiere, mir Unterstützung hole, abgebe, umdenke, für mehr Ausgleich sorge …)

– Wofür möchte ich mir mehr Zeit nehmen? (Tages- oder Wochenplanung, Weiterbildung, Netzwerken, Hobbys …)

– Wie kann ich mich so vorbereiten, dass es mit der Umsetzung möglichst gut klappt?

– Auf was für Hindernisse könnte ich stoßen und wie kann ich gegebenenfalls mit ihnen umgehen?

Auch die Frage, wofür die nächste auftragsfreie Zeit genutzt werden kann, kann Teil von Analyse und Planung sein. Mit entsprechender Vorbereitung macht die nächste Flaute Übersetzer*innen dann hoffentlich weniger Angst – und vielleicht sogar Spaß.”

 

#2 Die Flaute als Übersetzer*in bewusst genießen

Übersetzerin Susannah Leopold beim Teetrinken

Übersetzerin Susannah Leopold arbeitet im österreichischen Graz in der Sprachrichtung Deutsch-Englisch. Ihre Spezialgebiete sind Architektur, Marketing und Kunst. Anderen Sprachmittler*innen rät sie, mit Flauten ganz entspannt umzugehen:

“Eine Flaute kann für Übersetzer*innen viel mehr Stress verursachen als eine knappe Deadline. Eines Sommers hatte ich zwei oder drei Wochen lang keine Aufträge – in Panik versetzt schrieb ich unzählige Agenturen an.

Nach vielen unbeantworteten E-Mails und zwei Tests war ich als Übersetzer*in kurz davor, einen Vertrag zu unterschreiben, mit dem ich gar nicht zufrieden war.

Und dann – genau so plötzlich, wie sie gekommen war  – war die Auftragsflaute in meinem Übersetzungsbusiness vorbei: Ich hatte bis Ende des Jahres alle Hände voll mit Übersetzungen zu tun und kaum Freizeit.

Daher beschloss ich, die nächste Flaute anders anzugehen. Mein Ziel: die Auftragsflaute bewusst genießen.

Zeiten mit wenigen Aufträgen sehe ich nun als schöne Erholungspausen. Anfangs war das für mich als Übersetzerin ganz schön schwierig! Jetzt aber kann ich diese Art “Urlaub” von der Übersetzungsbranche genießen.

Ich führe eine Liste mit Dingen, die ich entweder gern tun würde oder aber irgendwann tun sollte. Auf dieser Liste stehen bei mir zum Beispiel Vorsorgeuntersuchungen und Friseurtermine, mit alten Schulfreund*innen in England telefonieren, mal wieder in ein Kunstmuseum gehen …

Diese Liste hat für mich als Übersetzerin zwei Vorteile: Ich muss diese Dinge weder in meiner Arbeitswoche noch am Wochenende unterbringen und bei einer kleineren Pause oder längeren Flaute weiß ich meine Zeit gut zu nutzen.”

#3 Nische schärfen und als Übersetzer*in Haltung zeigen

Anne Theresia Wanders

Texterin und Übersetzerin Anne Theresia Wanders ist auf die Bereiche nachhaltige Mode, Textilhandwerk, Nähen und Schnittgestaltung spezialisiert. Die Diplom-Modedesignerin übersetzt in der Sprachrichtung Englisch-Deutsch.

“In einer Flaute versuchen manche Übersetzer*innen, viele kleine Aufträge oder einen Nebenjob anzunehmen, denn so wird nicht gegrübelt und man hat Geld auf dem Konto. Aber lieber nicht verzetteln! Besser ist es, dein Geschäft auf eine solide Basis zu stellen. Zeit für strategische Überlegungen und die praktische Umsetzung hast du als Übersetzer*in am ehesten in einer Flaute.

Wo deine Leistung perfekt zu den Bedürfnissen deiner Kund*innen passt, liegt das Potential für gut bezahlte Aufträge, die Spaß machen. Wie kannst du diese Kund*innen finden und ansprechen? Sicher gibt es Themen, von denen du Ahnung hast, und ein Marktsegment, mit dem du als Übersetzer*in bereits gute Erfahrung hast. Dieser Bereich bietet sich zur Spezialisierung an. Eine solche Nische kannst du viel leichter ansprechen und überzeugen als die Allgemeinheit. Du findest diese Kundschaft in Online-Gruppen, mit passenden Hashtags, in Vereinen und Verbänden für eure gemeinsamen Interessen und Themen, und indem du auf deiner Webseite und deinem Blog für diese Nische schreibst.

Diese Kundschaft behält dich im Gedächtnis und entscheidet sich eher für dich als Sprachmittler*in, wenn auch noch deine Werte zu ihren passen. Denn bei gleicher fachlicher Eignung entscheiden Sympathie, Einstellung und Arbeitsweise. Normalerweise passen deine Werte zu deiner Nische: Wenn du zum Beispiel Verlage für Nähanleitungen und nachhaltige Labels erreichen willst, wirst du dich kaum öffentlich über Hobbynäher*innen lustig machen und nur Fast Fashion tragen. Wahrscheinlich bist du überzeugt von kreativen Menschen und nachhaltigen Projekten. Dann wird es Zeit, diese Werte in allem, was du öffentlich sagst und tust, zu vertreten, dich zu positionieren und für deine Nische sichtbar zu werden.”

#4 Während der Flaute das Ranking auf Google pushen

Leichte-Sprache-Übersetzerin Andrea Halbritter

Ich, Andrea Halbritter, erstelle Texte in Leichter und Einfacher Sprache. Spezialisiert bin ich auf die Bereiche Politik, Erinnerungskultur, Kunst und Gesundheit. Außerdem übersetze ich Weinverkostungsnotizen und Reiseführer vom Französischen ins Deutsche.

“Zeiten mit wenigen Aufträgen nutze ich als Übersetzerin unter anderem dazu, das Ranking meiner Website zu verbessern.

Wer im Netz als Sprachmittler*in gefunden werden möchte, muss mit seiner Website oder seinem Blog unter den ersten fünf Ergebnissen auf Google ranken.

Flauten sind eine gute Gelegenheit, als Freelancer*in an seinen Long-Tail-Keywords zu arbeiten. Wie das geht, erfährst du zum Beispiel in meinem Artikel Mit Long-Tail-Keywords auf Google gefunden werden.

Vielleicht hast du auch Lust, dir dazu ein ganzes Buch zuzulegen? Geeignete Buchtipps findest du in diesem Round-up: 12 interessante Buchtipps für erfolgreiche Übersetzer*innen.

Das beste Tool, um die eigene Website nach vorne zu bringen, ist ein Corporate Blog, auf dem du regelmäßig Content veröffentlichst. Als Spezialistin für Leichte und Einfache Sprache habe ich es dank meines Blogs für viele meiner Keywords unter die ersten Suchergebnisse geschafft und meine Positionierung erfolgreich gestärkt. Mehr über Übersetzer*innen-Blogs als Marketing-Instrument kannst du in meinem Artikel Wie du als Übersetzer*in mit einem Blog neue Kund*innen gewinnst nachlesen.

Für Zeiten, in denen du als Übersetzer*in gut ausgelastet bist, kannst du natürlich Artikel auf Vorrat schreiben. So hast du auch dann immer etwas zu posten, wenn du deinen Deadlines hinterherläufst oder -tippst.

Eine Strategie, die dir bei Auftragsflauten sofort Kund*innen bringt, ist ein Blog für dich als Übersetzer*in jedoch nicht. Viele vergleichen ihn eher mit einem Marathon: Bis sich die ersten Ergebnisse einstellen, braucht es Zeit.”

#5 Seine Fremdsprachenkenntnisse ausbauen

David Graham

Diplom-Übersetzer David Graham fertigt seit mehr als 20 Jahren Fachübersetzungen vom Deutschen ins Englische an. Er lebt in Dublin und ist auf Finanzwesen, Wirtschaftsprüfungsberichte und Unternehmenskommunikation aller Art spezialisiert.

“Fremdsprachenkenntnisse aufbessern ist für alle Sprachmittler*innen unverzichtbar. Lernen auch für erfahrene Übersetzer*innen nie auf! Beim Lernen von Fremdsprachen ist es nötig, lebenslang dranzubleiben – vor allem dann, wenn du als Übersetzer*in nicht (mehr) im Land deiner Zielsprache lebst. Phasen mit wenigen Aufträgen eignen sich für Sprachdienstleister*innen ganz besonders dazu, die Kenntnisse in der Fremdsprache auszubauen.

Wenn man eine Fremdsprache nicht aktiv im Alltag nutzt, vergisst man zuerst Wörter und Redewendungen, dann wird es schwieriger zu sprechen. Wenn du wie ich zu Hause zwei Sprachen sprichst, ist das Aufrechterhalten der Kenntnisse in einer weiteren Fremdsprache besonders schwierig.

Dank des Internets stehen uns Übersetzer*innen glücklicherweise rund um die Uhr alle möglichen multilingualen Inhalte zur Verfügung, wie zum Beispiel Blogs, Podcasts, YouTube-Videos, Zeitungen und Zeitschriften. Du kannst auch Übersetzerkolleg*innen und anderen Leuten auf sozialen Medien, wie z. B. LinkedIn, Twitter oder Facebook, folgen und mit ihnen chatten. Tausch dich bei schlechter Auftragslage oft mit Freund*innen, mit anderen Sprachdienstleister*innen aus, hör und sing Lieder, schau dir während einer Flaute Filme oder Fernsehserien in deinen Ausgangssprachen an und lies so viel wie möglich. Hauptsache, du hast Spaß daran!

Mit ‘Deutsch für dich’ bietet das Goethe-Institut ein kostenloses, aufregendes Programm für Deutschlernende mit abwechslungsreichen Lerninhalten und Aktivitäten. Dieses Programm bietet auch ein Netzwerk von inzwischen über 680000 Mitgliedern weltweit. Hier kannst du Lernpartner*innen auf dem gleichen Sprachniveau suchen, um gemeinsam mit ihnen deine Deutschkenntnisse aufzubessern. Das Programm bietet ebenfalls zahlreiche Übungen an, mit denen du dein Niveau besser abschätzen kannst. Im aktuellen Angebot für Niveaustufe C1/C2 (sehr fortgeschrittene Lerner*innen) steht beispielsweise ein Podcast zum Thema ‘Deutschland und die Energiewende’. Danach folgen sieben Fragen zum Inhalt. Wenn man diese einmal beantwortet und seine Antworte geprüft hat, geht’s dann gleich zur nächsten Aufgabe zur gleichen Thematik: ‘Ergänze das richtige Präpositionaladverb.’ Als Nichtmuttersprachler*in kannst du mit dem Programm Hörverständnis und Grammatik üben und gleichzeitig mehr über aktuelle Themen in Deutschland erfahren.

Besser könnte man eine Durststrecke als Übersetzer*in kaum nutzen!”

#6 Durststrecken für einen Urlaub vom Übersetzen nutzen

Gisella Germani Mazzi

Gisella Germani Mazzi ist Spezialisitin für Transkreation, Übersetzung und Lektorat in den Sprachkombination Deusch-Schweizer Italienisch und Niederländisch-Schweizer Italienisch. Die Kernkompetenzen der Diplom-Sommelière ASSP liegen in den Bereichen Wein, Food, Marketing und Tourismus.

“Pandemie-, konjunktur- oder saisonbedingt: Irgendwann kommt sie wieder – die nächste Durststrecke.

Wenn du für eine Weile als Übersetzer*in keine Aufträge bekommst, kannst du vielleicht eine Pause machen und Urlaub nehmen. Umso besser, wenn diese Auszeit vorausgeplant werden kann (zum Beispiel wenn du schon im Voraus weißt, dass deine Kund*innen um die gleiche Zeit auch in Urlaub sein werden).

Es muss nicht unbedingt ein Langzeiturlaub sein: Schon allein die Tatsache, dass du ein paar Tage weg vom Alltag bist, ist Balsam für Körper und Seele. Und aus eigener Erfahrung als Übersetzerin weiß ich, dass Urlaub dabei helfen kann, auch das Arbeitsleben bewusster zu gestalten.

Wenn du zuhause bleibst, kannst du gute Bücher lesen oder dich bei deinem Lieblingshobby entspannen, aber du kannst die ruhigeren Zeiten auch proaktiv nutzen, indem du zum Beispiel neue Inspiration für die Arbeit oder für dich selbst findest. Und wenn dich die Reiselust packt, kommst du unterwegs buchstäblich aus allem raus: Das gibt dir frische Energien und Impulse, um weiterzukommen und neue Wege zu gehen. In diesem Sinne ist Reisen nicht nur eine Frage der Mobilität, sondern auch eine innere Haltung.

Vor einigen Jahren steckte ich in einer persönlichen Krise: Es war für mich eine sehr harte Zeit. Da fuhr ich für ein paar Tage nach Südtirol, um Kraft zu schöpfen. Beim Besuch eines renommierten Weinguts (ich bin seit jeher weinverliebt) beschloss ich, endlich meiner Leidenschaft nachzugehen und mich als Sommelière ausbilden zu lassen. Das hat sich sowohl beruflich als auch privat ausgezahlt.

Fazit: Egal, ob du deinen Urlaub als Übersetzer*in auf Balkonien, beim Meditieren oder am Tropenstrand verbringst, wichtig ist, dass du dabei Power und Energie tankst, um danach in neuer (oder alter) Frische zurück in den Arbeitsalltag zu starten. Und dabei nicht vergessen: Das (Freelancer*innen-)Leben ist eine Wellenbewegung. Nach jeder Durststrecke, nach jedem Ab gibt es wieder ein Auf. Nur Mut!”

#7 In der Flaute als Übersetzer*in auf Weiterbildung setzen

Benedicte Deweerdt

Bénédicte Deweerdt übersetzt vom Deutschen und Englischen ins Französische und ist auch als Dolmetscherin tätig. Die Schwerpunkte der bei Lille in Nordfrankreich ansässigen Freiberuflerin sind Maschinenbau und Engineering.

“Eine Flaute ist für Übersetzer*innen die Gelegenheit, auf Weiterbildung zu setzen. Aber wie? Mein Vorschlag für Übersetzer*innen und Dolmetscher*innen ist, bei schlechter Auftragslage an Webinaren teilzunehmen.

Ich persönlich nehme gern an Webinaren teil, die von meinem Kund*innen oder aber von möglichen Kund*innen angeboten werden. Warum? Ganz einfach: Ich erfahre so, welche Neuheiten meine (potenziellen) Kund*innen entwickeln und welche Projekte für die nahe und weiter entfernt liegende Zukunft anstehen. Mein Angebot als Sprachmittlerin kann ich so auf meine Kontakte abstellen und schärfen.

Wenn der Kunde mich als Übersetzerin schon kennt, fühlt er sich verstanden. Ich zeige ihm mit meiner Teilnahme an seiner Fortbildung, dass ich mich für seine Projekte interessiere. Dies hinterlässt natürlich einen sehr positiven Eindruck! Für einen ersten Kontakt sind Fortbildungen ideal.

Durch die Fortbildung gelingt es mir, während einer Flaute meinen Wortschatz für zukünftige Übersetzungen zu erweitern und die nötigen Fachkenntnisse zu erwerben. Im Fall einer Beauftragung benötige ich für meine Arbeit weniger Zeit, was für den Kunden ein absolutes Plus ist.

Wie ich solche Weiterbildungen finde? Ich folge diesen Unternehmen auf beruflichen Netzwerken, meist LinkedIn, aber für deutsche Firmen auch Xing, entweder direkt über die Unternehmensseite oder aber über das Profil von Angestellten. Produkt- oder Projektvorstellungen entgehen mir so nicht. Wenn ein Webinar organisiert wird, kann ich mich als Übersetzerin anmelden.

Zusätzlicher Vorteil: Die Online-Konferenz ist auch die Gelegenheit, unter den anderen Teilnehmer*innen noch weitere Kontakte zu bekommen, die in einer ähnlichen Branche arbeiten und einen potenziellen Übersetzungsbedarf haben. So gelingt es mir als Übersetzerin und Dolmetscherin auch, immer mehr Aufträge in meinem Spezialgebiet an Land zu ziehen und meine Kenntnisse in dem Bereich immer mehr zu vertiefen. Für meine Kund*innen bin ich so ein zuverlässiger, kompetenter Partner, was sich auf meinen Umsatz positiv auswirkt.”

#8 Bei schlechter Auftragslage die Zeit zum Networken nutzen

Carmen Engelhardt

Carmen Engelhardt arbeitet seit über 20 Jahren als Fachübersetzerin für Technik. Die Fachgebiete der in Schneverdingen lebenden Freiberuflerin sind Bauwesen, Fügetechnik, Metallbearbeitung sowie Nahinfrarotanalysengeräte/Betriebssoftware und XML-Steuerungsdateien für Fertigungsautomaten.  Sie arbeitet in den Sprachrichtungen Spanisch-Deutsch, Englisch-Deutsch und Deutsch-Englisch.

“Treffen sich zwei am Kaffeetisch und unterhalten sich. Zack – Netzwerk. Normalerweise. Aber in einer Pandemie?

Ein Netzwerk muss man aufbauen und auch pflegen. Online geht das zum Beispiel gut auf Facebook, LinkedIn oder Xing. In einem guten Netzwerk unterstützt man sich gegenseitig und hat sich ‘auf dem Schirm’. Und bei Bedarf arbeitet man zusammen.

Anfang 2020 fragten einige Übersetzer*innen aus meinem Netzwerk, ob ich zur BP20 fahre. Aus Zeitgründen entschied ich mich dagegen. Aber wegen Corona wurde die Konferenz ins Internet verlegt. So konnte ich doch teilnehmen. Naja, so gut es ging mit Kindern im Homeschooling. Trotzdem hörte ich einige Vorträge und konnte mich mit anderen Übersetzer*innen austauschen und sogar einige neue Kontakte knüpfen.

Als der Lockdown losging, brachen bei mir die Aufträge ein. Was tun in dieser Flaute? Netzwerken. Ich telefonierte mit vielen Sprachmittler*innen oder schrieb ihnen. Sie freuten sich über den Austausch. Eine Kundin meldete sich mit einer Anfrage, für die ich einen Übersetzerkollegen aus meinem Berufsverband empfahl, den ich noch nicht persönlich kannte. Vorher telefonierte ich mit ihm und so lernten wir uns kennen. Danach hatte ich den Eindruck, dass ich ihn als Übersetzer guten Gewissens an meine Kundin weiterempfehlen konnte.

Irgendwann fragte ein Kunde/Kollege an, ob ich ein Übersetzungsprojekt für einen gemeinsamen Kunden übernehmen wolle: eine Website in sechs Sprachen übersetzen (lassen). Ich trommelte ein Team von Übersetzer*innen zusammen, bei dem auch einige neue Kontakte dabei waren, auch der Kollege, den ich zuvor meiner Kundin für eine Übersetzung empfohlen hatte. Das Projekt lief prima, alle aus dem Team arbeiteten sehr professionell und engagiert mit. Am Ende waren alle zufrieden und ich hatte wieder ein paar neue Knoten im Netzwerk geknüpft.”

Schlechte Auftragslage und Lust auf Online-Netzwerken unter Übersetzer*innen? Dann schau mal in meinen Artikel Die besten Facebook-Gruppen für Übersetzer*innen.

Wie du als Übersetzer*in Flauten vorbeugst

Was tun, damit Aufträge nicht ausbleiben und es zu keinen Flauten kommt, die die Existenz bedrohen?

Grunsätzlich solltest du als Übersetzer*in nicht erst dann reagieren, wenn dein E-Mail-Postfach und dein Konto leer sind, sondern dafür sorgen, dass es erst gar nicht so weit kommt. Die Devise lautet also Vorbeugung!

Dazu hier ein paar Ideen:

#1 Regelmäßige Akquise

Akquise solltest du wie andere Freiberufler*innen auch als Übersetzer*in nicht erst dann betreiben, wenn du dich fragst, wie du nächsten Monat deine Miete bezahlen kannst. Zu reagieren, wenn das Kind schon in den Brunnen gefallen ist, ist zu spät!

Damit du als Sprachmittler*in regelmäßig Anfragen bekommst, ist es nötig, dass du dir auch in Zeiten, in denen du dich vor Übersetzungsaufträgen kaum retten kannst, Zeit für Akquise reservierst. (Dasselbe gilt übrigens auch für das von Carmen erwähnte Networking.)

#2 Für viele Kund*innen arbeiten

Wenn du als Übersetzer*in dauerhaft erfolgreich sein möchtest, darfst du nicht auf zu wenige Kund*innen setzen. Selbst wenn du immer gute Qualität lieferst, sind Übersetzungskund*innen teils schnell verloren. Mehr hierzu erfährst du in meinem Artikel 9 fatale Fehler, die du als selbstständiger Übersetzer vermeiden solltest.

#3 Flauten durch Coaching vermeiden

Viele erfolgreiche Freelancer*innen setzen auf Coaching. Sich coachen zu lassen, bringt neue Ideen und hilft, Probleme im Vorfeld zu umschiffen.

#4 Für Flauten Geld zurücklegen

Gewisse Durststrecken, in denen die Auftragslage schlechter ist, gibt es im Leben jedes Freiberuflers. Wie weiter oben erwähnt, haben sie durchaus ihr Gutes und du kannst sie sinnvoll nutzen: sich während Flauten fortbilden, sich um Liegengebliebenes kümmern oder sich auch ganz einfach mal als Übersetzer*in vom Alltagsstress erholen und ausspannen.

Um sich Flauten erlauben zu können, muss man als Freelancer*in jedoch für diese Zeiten etwas Geld zurücklegen und — um es mit La Fontaine zu sagen — nicht wie die Grille haushalten, sondern wie die Ameise. Kann man als Übersetzer*in im Notfall 3-4 Monate überbrücken, schläft es sich leichter!

#5 Passives Einkommen generieren

Manche Sprachmittler*innen setzen auch gleichzeitig zu ihrer Tätigkeit als Übersetzer*in oder Dolmetscher*in auf passives Einkommen. Was ist damit gemeint? Ganz einfach: Geld, das reinkommt, ohne dass man dafür dauerhaft arbeiten muss. Passives Einkommen zu generieren ist zum Beispiel mit einer Buchveröffentlichung, mit einem Online-Shop, mit Online-Kursen, dem Verkauf von Fotografien, mit der Vermietung von Eigentum oder Affiliatelinks möglich. Ein paar Anregungen findest du in diesem Artikel: 30 seriöse Ideen, um passives Einkommen zu verdienen.

#6 Spezialisierung

Die beste Vorbeugung für Übersetzer*innen ist die Spezialisierung, also ein Fachgebiet, das gefragt ist, auf dem du wirklich Spezialist*in bist und das nur wenige Sprachmittler*innen bedienen können. Auch hierzu erfährst du mehr in meinem Artikel 9 fatale Fehler, die du als selbstständiger Übersetzer vermeiden solltest.

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Fotos: © Andrea Halbritter, Bettina Röhricht, Susannah Leopold, Anne Theresia Wanders, David Graham, Gisella Germani Mazzi, Bénédicte Deweerdt, Carmen Engelhardt

Frau mit schulterlangen blonden Haaren und grauen Strähnen, blauen Augen, Brille und grauem Mantel

Andrea Halbritter

Andrea Halbritter ist Germanistin mit 2. Staatsexamen und vom Netzwerk Leichte Sprache e. V. zertifiziert. Sie erstellt Texte in Leichter und Einfacher Sprache für NS-Gedenkstätten, Museen, politische Parteien und Gesundheitsbehörden. In den Sprachrichtungen Französisch-Deutsch und Englisch-Deutsch übersetzt Andrea vor allem im Bereich Wein.

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